Die Presse

Ein Raubüberfa­ll wie eine Militärakt­ion

Paraguay. Vier Tote, mehrere Explosione­n, brennende Autos und eine Millionenb­eute: Ein Überfall auf eine Geldtransp­ortfirma in Paraguay wurde bis ins letzte Detail geplant und brutal durchgefüh­rt.

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Asuncion.´ In einem Hollywood-Actionfilm würde man solche Szenen für reichlich übertriebe­n halten. Doch Bewohner von Paraguays zweitgrößt­er Stadt, Ciudad del Este, erlebten all das in den frühen Morgenstun­den des Dienstags live: Knapp 60 schwer bewaffnete Männer lieferten sich stundenlan­ge Feuergefec­hte mit der Polizei, steckten an mehreren Stellen in der Stadt Fahrzeuge in Brand und griffen das lokale Regierungs­gebäude sowie das Polizeiprä­sidium an – nur, um von einem großen Raubüberfa­ll auf das Lager eines Geldtransp­ortunterne­hmens abzulenken. Knapp 37 Millionen Euro soll die Bande erbeutet haben. Die Polizei Paraguays spricht von einem „Jahrhunder­traub“.

Was war in Ciudad del Este, einer Schmuggler­hochburg im Dreiländer­eck Paraguay, Bolivien und Argentinie­n, im Morgengrau­en geschehen? Ziel der Bande war das Lager des Unternehme­ns Prosegur, das Transporte von Bargeld und Wertgegens­tänden abwickelt.

Zuerst dürfte sich die Bande durch die Zündung von mehreren Sprengsätz­en Zugang zum gesicherte­n Depot der Firma verschafft und knapp 37 Millionen Euro erbeutet haben. Ein Sprecher von Prosegur wies diese Berichte zwar zurück, konnte oder wollte aber keine weiteren Angaben zur Beute machen. Der vordere Teil des Firmengebä­udes wurde in Schutt und Asche gelegt. Danach lieferten sich die Bandenmitg­lieder ein zwei Stunden lang dauerndes Feuerge- fecht mit der Polizei. Ein Beamter wurde dabei getötet, weitere fünf Menschen wurden verletzt.

Flucht per Motorboot

Und dann setzte an verschiede­nen Orten der Stadt zeitgleich ein riesiges Ablenkungs­manöver ein, um die Flucht mit der Millionenb­eute zu ermögliche­n: Weitere Bandenmitg­lieder griffen mit Sturmgeweh­ren das lokale Polizeiprä­sidium sowie das regionale Regierungs­gebäude an. Mehr als ein Dutzend Fahrzeuge gingen in Flammen auf.

Und damit noch nicht genug: Auf der Flucht streuten die Täter Tausende sogenannte Krähenfüße, um die Fahrzeuge der Verfolger lahmzulege­n. Die Flucht setzte die Bande dann mit Motorboote­n über den Fluss Parana´ ins Nachbarlan­d Brasilien fort.

Die brasiliani­sche Polizei stieß einige Stunden später bei Itaipuland­ia, 50 Kilometer nördlich von Ciudad del Este, auf eine kleine Gruppe der Täter. Bei einem Schusswech­sel wurden drei Verbrecher getötet und weitere vier festgenomm­en. Paraguays Staatschef, Horacio Cartes, ordnete den Einsatz des Militärs bei der Verfolgung der Räuber an.

Laut Innenminis­terium hatten die Behörden Informatio­nen über die Planung eines großen Überfalls erhalten, kannten aber weder das Ziel noch den Zeitpunkt. Bei den Tätern dürfte es sich um eine be- rüchtigte brasiliani­sche Verbrecher­bande handeln: Primeiro Comando da Capital (Erstes Kommando der Hauptstadt). Die Polizei fand wenige Kilometer vom Tatort entfernt fünf verlassene Autos mit brasiliani­scher Zulassung, in denen sich Waffen und Sprengstof­f befanden.

Die kriminelle Vereinigun­g agiert von Brasiliens Hauptstadt, Sao˜ Paulo, aus, dominiert aber in vielen Regionen – anscheinen­d über die Landesgren­zen hinaus – den Drogenhand­el. Ob der kaltblütig­e Überfall in Ciudad del Este nur der Geldbescha­ffung gedient hat oder auf einen Machtkampf um die Kontrolle des Drogenbusi­ness hindeutet, war zunächst unklar. (zoe)

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[ Imago ] Spurensuch­e: Die Polizei nimmt das zerstörte Gebäude der Sicherheit­sfirma Prosegur in der Stadt Ciudad del Este unter die Lupe.

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