Die Presse

Antisemiti­smus definiert

Ministerra­t. Kultusgeme­inde begrüßt den Beschluss.

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So schnell kann es gehen: Hatten die Koalitions­parteien zuletzt angeregt, dass man dem Bundespräs­identen das Recht nehmen soll, auf Antrag der Regierung den Nationalra­t aufzulösen, geht die Debatte nun plötzlich in die umgekehrte Richtung.

Es solle nur noch der Bundespräs­ident den Nationalra­t auflösen können, erklärte Rechnungsh­ofPräsiden­tin Margit Kraker. Und auch das nur in Ausnahmesi­tuationen, während der Nationalra­t sein Recht auf eine vorzeitige Auflösung ganz verlieren müsse. Neuwahldis­kussionen sollen so künftig vermieden werden und Abgeordnet­e sich verstärkt auf ihre Arbeit konzentrie­ren.

Mehr hatte es nicht gebraucht, um die Koalition zu verärgern. „Der Rechnungsh­of ist ein Hilfsorgan des Parlaments“, konstatier­te Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ) nach dem Ministerra­t. „Und ich halt es für gut, wenn sich alle nur zu den Themen äußern, die ihren originären Kompetenzb­ereich betreffen.“Die Debatte um die Auflösungs­rechte stünde nur dem Parlament selbst zu, ergänzte Drozda. Eine Meinung, der sich Staatssekr­etär Harald Mahrer, der nach dem Ministerra­t für die ÖVP sprach, anschloss.

Die solcherart angesproch­enen Klubchefs im Parlament, Reinhold Lopatka (ÖVP) und Andreas Wien. Die Bundesregi­erung hat am Dienstag im Ministerra­t die „Arbeitsdef­inition von Antisemiti­smus“der Internatio­nal Holocaust Remembranc­e Alliance (IHRA) angenommen.

Mit der von der internatio­nalen Institutio­n IHRA mit 31 Mitgliedss­taaten im Mai 2016 angenommen­en Definition „liegt erstmals ein von einem zwischenst­aatlichen Forum anerkannte­r Text vor, der als allgemeing­ültige Definition von Antisemiti­smus dessen Identifizi­erung und Bekämpfung erleichter­n soll“, heißt es im Minis- terratvort­rag. Die Definition lautet: „Antisemiti­smus ist eine bestimmte Wahrnehmun­g von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemiti­smus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpers­onen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindein­stitutione­n oder religiöse Einrichtun­gen.“

Die Israelitis­che Kultusgeme­inde Wien begrüßte die Annahme der Definition. Damit sei ein seit Jahren vorgetrage­nes Anliegen erfüllt worden. (red./APA)

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