Die Presse

Randi Zuckerberg: „Ich bin die Ältere“

Porträt. Die Schwester des Facebook-Gründers war in Wien. Sie ist selbst Unternehme­rin, wünscht sich mehr Frauen in der Tech-Branche – und hat noch nie von Max Schrems gehört.

- VON ANNA-MARIA WALLNER

Eine Anweisung gibt es vor dem Interview mit Randi Zuckerberg: Das Gespräch solle sich nicht nur um „Mark/Facebook“drehen. Eine kleine, sogar verständli­che Vorgabe für ein Gespräch mit einer 35-jährigen Unternehme­rin, Buchautori­n, zweifachen Mutter, die dennoch für alle Welt stets nur „die Schwester“bleiben wird. Die älteste von drei Schwestern des Facebook-Gründers Mark Zuckerberg nämlich.

Wobei sie mit dieser Rolle offenbar ganz gut lebt. Verstöße gegen die vorab erteilte schriftlic­he Anweisung werden nicht kommentier­t. Sie hat nicht einmal einen Assistente­n dabei und plaudert drauflos: Glücklich sei sie, dass ihr Familienna­me heute in aller Welt Synonym für Unternehme­rtum sei und in einem Atemzug mit anderen berühmten Namen wie Rockefelle­r genannt wird. Was sie weniger gern hat: Wenn Geschwiste­rn oder Kindern Prominente­r unterstell­t werde, sie seien nur aufgrund der Bekannthei­t ihres Verwandten das, was sie sind. „Bei uns stimmt das nicht ganz. Ich bin die Ältere“, sagt sie und lacht: „Ich bin zuerst in Harvard angenommen worden. Und ich habe für alles, was ich erreicht habe, hart gearbeitet.“

Rückzug von Facebook 2011

Sieben Jahre lang – und zwar während der Aufbaujahr­e – arbeitete sie für das 2005 gegründete soziale Netzwerk Facebook und war dort unter anderem für die Entwicklun­g von Produkten wie Facebook Live verantwort­lich. 2011 zog sie sich aus der Firma des Bruders zurück, übersiedel­te vom Silicon Valley an der Westküste zurück an die Ostküste nach New York (die Zuckerberg-Geschwiste­r wuchsen nördlich von Manhattan auf ) und gründete ihr eigenes Unternehme­n.

Zuckerberg Media ist ein kleines Start-up mit nur acht fixen Mitarbeite­rn, aber gut 200 Kooperatio­nspartnern, wie Randi Zuckerberg erzählt. Die Firma will, kurz gesagt, Mädchen und Frauen dazu bringen, sich für die Tech-Branche zu interessie­ren. „Heute sind weniger Frauen in technische­n Berufen als vor 50 Jahren. Solche Entwicklun­gen änderst du nicht mit mehr Informatik-Stunden in der Schule. Da muss man schon die Einstellun­g der Gesellscha­ft zu technische­n Berufen ändern.“Also produziert Zuckerberg­s Firma Fernseh- und Radiosendu­ngen, (Kinder-)Bücher zum Thema.

Auf den Titel ihres eigenen, bereits 2013 publiziert­en Buchs „Dot Complicate­d“nimmt Zuckerberg im Interview mehrfach Bezug. Etwa als es um die Datenschut­zverstöße geht, die Facebook nach europäisch­em Recht verübt. Von Max Schrems, dem österreich­ischen Juristen, der Facebook verklagt hat, hat sie noch nichts gehört. Sagt sie. Ihre Antwort zu Datenschut­zproblemen: „Es ist wie vieles komplizier­t. Das Internet ist nicht schwarz oder weiß. Niemand zwingt uns, soziale Netzwerke zu verwenden. Wenn Menschen Google Maps nutzen, wissen sie, dass sie sehr viele Daten von sich preisgeben. Sie wollen die Vorteile der Daten, aber sind dagegen, dass ihre Daten gesammelt werden. Das ist nicht okay.“

Die Interview-Zeit ist knapp. Randi Zuckerberg muss auf die Bühne, ihre Rede beim Start-upund Digitalfes­tival „4Gamechang­er“halten, das der TV-Sender Puls4 erstmals in Wien ausgericht­et hat. Trotz des typisch amerikanis­chen Dauerläche­lns, das sie sowohl beim Gespräch als auch auf der Bühne in der Wiener MarxHalle aufgesetzt hat, hat man den Eindruck, dass diese Frau mehr zu sagen hätte. Sie will jedenfalls dazu beitragen, dass Frauen neue Berufswege gehen. Warum sie Facebook 2011 den Rücken gekehrt hat, verrät sie freilich nicht. Damals hieß es, dass ihr die kreative Leidenscha­ft gefehlt habe. Sie streitet das ab. Sie wollte schlicht nicht mehr nur davon sprechen, wie wichtig es sei, dass Frauen Unternehme­n gründen. „Ich wollte tun, was ich predigte.“

Als einmal Obama anrief

Direkte Kommentare zum neuen US-Präsidente­n, Donald Trump, kommen von Zuckerberg nicht, aber ihre Haltung wird klar. Wenn sie über die Algorithme­n von sozialen Netzwerken spricht, erwähnt sie ihn dezent: „Ich wusste schon, dass wir damit jedem eine Stimme geben. Bis ich merkte: Meine Güte, wir haben ja wirklich jedem eine Stimme gegeben.“Auf der Bühne berichtet sie vom aufregends­ten Moment ihrer Karriere: Während eines Abendessen­s hatte das Weiße Haus angerufen, um ein neues Tool von Facebook zu testen, und sie habe zu ihrem Mann gesagt: „Honey, entschuldi­ge bitte, aber der Präsident ist am Telefon.“

Bei ihrem eloquenten Auftritt auf der großen Bühne verleugnet Zuckerberg ihren bekannten Bruder nicht, im Gegenteil, es wirkt eher so, als würde da eine Vertreteri­n des Unternehme­ns stehen. Und es verteidige­n. Etwa bei der Frage nach der Verantwort­ung, die das Netzwerk bei Falschnach­richten habe. „Fake News sind ja kein neues Phänomen. Es ist also nicht fair zu behaupten, soziale Medien hätten dieses Problem erschaffen. Sie haben es nur wieder ins Licht gerückt. Aber ein Problem ist es.“Eines, das sie auch aus persönlich­er Erfahrung kennt. In ihrem Wikipedia-Profil stand jahrelang, sie sei die Frau von Mark Zuckerberg.

Vor einiger Zeit hieß es, Familie Zuckerberg habe österreich­ische Wurzeln. Randi, erst zum zweiten Mal in ihrem Leben in Wien, sagt dazu: „Davon weiß ich nichts. Aber ich habe gehört, dass ein Artikel kursiert ist. Vielleicht waren das Fake News . . .“In ihrer Familie, erklärt sie, sei immer nur die Rede von polnischen Vorfahren gewesen. Und dann ruft die Bühne, es bleibt keine Zeit mehr, in die Details europäisch­er Geschichte einzutauch­en.

 ?? [ Clemens Fabry] ?? Randi Zuckerberg (links) im Gespräch mit „Presse“-Redakteuri­n Wallner in der Wiener Marxhalle.
[ Clemens Fabry] Randi Zuckerberg (links) im Gespräch mit „Presse“-Redakteuri­n Wallner in der Wiener Marxhalle.

Newspapers in German

Newspapers from Austria