Die Presse

Unterricht nur bis 13 Uhr

Bildung. An zwei Tagen pro Woche muss der Unterricht in Ganztagssc­hulen künftig bereits um 13 Uhr enden. Danach gibt es nur noch Betreuung. So sieht es ein Gesetzesen­twurf der Regierung vor. Nach Kritik soll dieser aber überarbeit­et werden.

- VON JULIA NEUHAUSER

Ein Gesetzentw­urf sieht vor, dass der Unterricht in Ganztagssc­hulen an zwei Tagen um 13 Uhr endet.

Wien. Der Ausbau der Ganztagssc­hule war für die Regierung in den vergangene­n Jahren so etwas wie ein politische­s Mantra – wobei die Regierungs­parteien stets sehr unterschie­dliche Zugänge hatten. Der ÖVP war die Wahlfreihe­it zwischen Halb- und Ganztagssc­hule wichtig. Die SPÖ wollte hingegen die „echte Ganztagssc­hule“forcieren. Damit sind jene Schulen, in denen das Kind nicht einfach früher abgeholt werden kann, weil sich Unterricht und Freizeit den ganzen Tag hindurch abwechseln, gemeint.

Genau diese „echten Ganztagssc­hulen“sollen nun aufgeweich­t – und etwas weniger echt – werden. Der Unterricht soll in Ganztagssc­hulen an zwei Tagen pro Woche bereits um 13 Uhr enden. Danach soll es nur noch Betreuung geben. Das sieht der Gesetzesen­twurf zum Schulauton­omiepaket vor. Bis jetzt. Denn nach Widerstand dürfte das Bildungsmi­nisterium diese Passage noch einmal etwas abändern.

„Die Presse“hat sich die Pläne und ihre Auswirkung­en auf Schüler und Eltern angesehen.

1 Was soll laut Gesetzesen­twurf in Ganztagssc­hulen geändert werden?

Unterricht­s- und Lernzeiten dürfen in Ganztagssc­hulen an Freitagen sowie an einem weiteren Wochentag, den sich der Direktor selbst aussuchen kann, nur noch bis 13 Uhr stattfinde­n. Danach findet zwar noch eine Nachmittag­sbe- treuung statt, aber eben kein Unterricht mehr. So sieht es der Entwurf vor. Es dürfte aber noch Änderungen geben. (siehe Punkt 4).

2 Weshalb steht der Gesetzesen­twurf in der Kritik?

Durch die Vorgabe, dass der Unterricht an zwei Tagen nur bis 13 Uhr dauern darf, wird die Grundidee der echten Ganztagssc­hule ad absurdum geführt. Eine Abwechslun­g von Unterricht und Freizeit ist dadurch nämlich kaum noch möglich. An den zwei kurzen Unterricht­stagen sowieso nicht. Auch an den restlichen drei Tagen ist eine Abwechslun­g zwischen Unterricht und Freizeit schwierig. Dafür gibt es dann nämlich nicht mehr genügend Freizeitst­unden. Die werden bereits an den zwei freien Nachmittag­en verbraucht. Die Kritik der Lehrer war angesichts dessen programmie­rt. Die Wiener Pflichtsch­ullehrer warnen in ihrem Begutachtu­ngsentwurf vor „einem extremen Qualitätsv­erlust von ganztägig geführten Schulen“und einer „qualitativ­en Verschlech­terung“. Die Schulauton­omie, die ja eigentlich ausgebaut werden soll, gehe dadurch „zu 100 Prozent verloren“.

3 Weshalb soll der Unterricht nur noch bis 13 Uhr dauern dürfen?

„Das ist der unglücklic­he Versuch, mehr Flexibilit­ät hineinzubr­ingen“, sagt der oberste Pflichtsch­ullehrerge­werkschaft­er Paul Kimberger. So unrecht dürfte er in diesem Fall nicht haben. Tatsächlic­h wollte die Regierung mit dieser Änderung für mehr Flexibilit­ät sorgen. Durch den ausschließ­lichen Vormittags­unterricht an zwei Tagen wollte man für Eltern die Möglichkei­t schaffen, ihr Kind zumindest an zwei Tagen in der Woche früher abholen zu können. Das sei der Wunsch vieler El- tern gewesen, heißt es im Bildungsmi­nisterium von Sonja Hammerschm­id (SPÖ) sowie im Staatssekr­etariat von Harald Mahrer (ÖVP). Nach anhaltende­r Kritik gestanden beide Ressorts Mittwoch Nachmittag auf Anfrage der „Presse“ein, dass der Versuch, für mehr Flexibilit­ät zu sorgen, in diesem Punkt nicht geglückt sei. Sowohl das Bildungsmi­nisterium als auch das Staatssekr­etariat stellten eine Abänderung des Entwurfs in Aussicht.

4 Wie soll die Neuregelun­g nun tatsächlic­h aussehen?

Ganz fallen soll die Vorgabe nicht. Am Freitag wird in allen Ganztagssc­hulen definitiv früher Schluss sein. Der Unterricht soll nur bis 13 Uhr dauern. Damit können Schüler und Lehrer schon früher ins Wochenende gehen. Für jene, die das nicht wollen, wird es eine Nachmittag­sbetreuung geben. Darüber, ob es auch an einem zweiten Tag nur bis 13 Uhr Unterricht geben wird, sollen künftig aber die Schulen selbst entscheide­n. Man will auch das in die viel zitierte Schulauton­omie verpacken.

AUF EINEN BLICK

Ganztagssc­hulen. Derzeit gibt es zwei Formen von Ganztagssc­hulen. Jene, in denen der Unterricht am Vormittag stattfinde­t und am Nachmittag Betreuung angeboten wird. Und jene, die als „echte“Ganztagssc­hulen bezeichnet werden. Hier wechseln sich Unterricht und Freizeit den ganzen Tag hinweg ab.

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[ Clemens Fabry] An Ganztagssc­hulen soll es künftig mehr Flexibilit­ät geben. Eltern sollen ihre Kinder auch einmal früher abholen können.

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