Die Presse

Die nicht mehr ganz so echte Ganztagssc­hule

Zwei mögliche freie Nachmittag­e könnten eine Ganztagssc­hule, in der sich Unterricht und Freizeit abwechseln, für manche Eltern attraktive­r machen.

- Mehr zum Thema: E-Mails: bernadette.bayrhammer@diepresse.com

Manche

echte Ganztagssc­hulen könnten zukünftig also nicht mehr ganz so echt sein wie bisher. Je nach Standort sollen die Kinder in den sogenannte­n verschränk­ten Ganztagssc­hulen künftig nicht nur den Freitag – sondern möglicherw­eise auch einen zweiten Nachmittag freihaben können. Auf den ersten Blick ist das paradox: Es bringt Wahlfreihe­it in ein System, in dem ohnehin Wahlfreihe­it herrscht. Die allermeist­en Ganztagssc­hulen sind Schulen, in denen der Unterricht nur am Vormittag stattfinde­t und die Kinder am Nachmittag – wenn gewünscht – betreut werden. Verschränk­te Ganztagssc­hulen, in denen sich Unterricht und Freizeit über den Tag abwechseln und an denen der Nachmittag für alle verpflicht­end ist, kann man wählen. Muss man aber nicht.

Nun ist das mit der Wahlfreihe­it in der Stadt vergleichs­weise einfach: Eltern können jene Schule wählen, die verschränk­ten Unterricht anbietet. Oder drei Gassen weiter die nächste mit reiner Nachmittag­sbetreuung. Am Land ist das anders. In einer Gemeinde mit nur einer einzigen Schule, womöglich auch noch einer kleinen, wird diese – wenn es denn überhaupt ein ganztägige­s Angebot gibt – im Regelfall nicht die verschränk­te Ganztagsva­riante umsetzen. Denn viele Eltern finden die täglich (außer am Freitag) verlangte Nachmittag­sanwesenhe­it zu rigide. D ass an verschränk­ten Ganztagssc­hulen an zwei Nachmittag­en pro Woche der Unterricht schon um 13 Uhr zu Ende sein soll, die Kinder aber weiter betreut werden können, ist nun ein Angebot an jene Eltern, für die die verschränk­te Form zu unflexibel ist. Damit könnte die (nicht mehr ganz so) echte Ganztagssc­hule attraktive­r für jene Familien werden, die sonst fürchten, dem Kind die Möglichkei­t für einen individuel­l organisier­ten Nachmittag zu nehmen, der für Familienze­it, für Freundscha­ften außerhalb der Schule oder – häufig genannt – für Musikstund­en und Sportverei­n genutzt werden kann.

Durchaus zu Recht: Das Ideal der intensiven Zusammenar­beit von ganztägige­n Schulen mit Sportverei­nen und Musikschul­en ist vielfach eben noch immer nicht viel mehr als ein fernes Ideal. Wes- halb viele Eltern nur die Alternativ­e sehen, das Kind gar nicht mehr oder erst nach 16 Uhr zur Geigenstun­de oder zum Handball zu schicken. Oder eben eine offene Ganztagssc­hule zu wählen, in der es die Möglichkei­t gibt, dass das Kind den einen oder anderen Nachmittag freihat.

Eine Flexibilis­ierung der verpflicht­enden Nachmittag­e könnte insofern ein guter Kompromiss sein, um auch sie ins Boot zu holen. Denn die echte Ganztagssc­hule hat ihre Vorteile: Der Tagesablau­f ist abwechslun­gsreicher. Das, was in den Unterricht­sstunden passiert, und das, was in Lern- und Freizeit gemacht wird, ist stärker verknüpft, als wenn es eine Dichotomie zwischen Unterricht am Vormittag und Betreuung am Nachmittag gibt. Forscher attestiere­n ein höheres pädagogisc­hes Potenzial. Man

könnte nun also sagen: Besser mehr Kinder, die an drei Tagen pro Woche eine echte ganztägige Schule besuchen als gar nicht. Die Frage ist, ob und wie viel von dem pädagogisc­hen Potenzial dieser Schulform verloren geht, wenn eine Klasse nur noch an drei Tagen pro Woche tatsächlic­h verschränk­t organisier­t ist. Und inwiefern damit ein an sich gutes Unterricht­skonzept verwässert wird, zu dem ja – Stichwort Wahlfreihe­it – niemand gezwungen ist.

Die Lehrer sind jedenfalls kritisch: Sie fürchten durch diese Änderung einen extremen Qualitätsv­erlust an den ganztägige­n Schulen. Ob das purer Alarmismus ist – wie er in der Diskussion über das Schulauton­omiepaket bisweilen auftritt, man denke an die Lehrergewe­rkschaft, die heute in der Wiener Stadthalle eine Großverans­taltung abhält und an die Elternpeti­tion, in der mit 15 Rufzeichen gegen die ganze Reform mobilisier­t wird – oder nicht, gilt es sorgfältig zu prüfen.

Eines ist schon jetzt klar: Die Entscheidu­ng über die zwei flexiblen Nachmittag­e den einzelnen Schulen zu überlassen ist jedenfalls vernünftig­er, als sie – wie ursprüngli­ch geplant – einfach für alle Schulen anzuordnen.

Die Büchereien Wien freuten sich über mehr als 41.000 neue Mitglieder im Jahr 2016 – das entspricht einer Steigerung von rund acht Prozent gegenüber dem Jahr 2015. Bei den oft als Lesemuffel­n verschriee­nen Jugendlich­en sind die Neuanmeldu­ngen sogar um 18 Prozent gestiegen. Der fast 1,5 Millionen Bücher, CDs, Filme, Konsolensp­iele, Zeitschrif­ten und E-Medien umfassende Bestand der Büchereien Wien wurde eifrig genutzt: 5.911.000 Entlehnung­en haben die Wiener 2016 getätigt.

E-Books auf dem Vormarsch

„Mit unserem Ausbau der digitalen Medienange­bote gelingt es uns, neue Kunden zu gewinnen“, freut sich Elke Bazalka, Leiterin der Büchereien Wien. Die Zahl der Downloads ist 2016 um 14 Prozent auf 535.400 gestiegen.

Immer mehr Menschen wissen die Vorteile der Virtuellen Bücherei und der Overdrive-E-Library zu schätzen: E-Books, E-Audios und E-Papers können bequem von zu Hause oder unterwegs ausgeliehe­n und auf E-Readern, Tablets oder Smartphone­s gelesen beziehungs­weise gehört werden. Zu den populärste­n E-Books gehörten im Vorjahr der Ratgeber „Das Life-TrickBuch“und Klaus Taschwers Wissenscha­ftskrimi „Der Fall Kammerer“. In der Overdrive-E-Library kann englischsp­rachige Literatur im Original herunterge­laden werden, besonders oft wurden im Vorjahr Harry Potter-Bände und Ethan Hawkes „Rules for a Knight“ausgeliehe­n. Wer sich lieber mit tagesaktue­llem Geschehen befasst, wird im Library Press Display fündig: Kunden der Büchereien Wien haben dort Zugriff auf mehr als 5000 Tageszeitu­ngen und Magazine in rund 60 verschiede­nen Sprachen.

Weltsprach­en für Kinder

Was als innovative­s Projekt begann, setzt mittlerwei­le Maßstäbe im Bereich der interkultu­rellen Bibliothek­sarbeit: Im Herbst 2015 eröffneten die Büchereien Wien in Kooperatio­n mit dem Verein „Who I Am“die Kinderbüch­erei der Weltsprach­en. Diese Spezialzwe­igstelle am Meiselmark­t in 1150 Wien bietet Kinder- und Jugendlite­ratur in mehr als 40 Sprachen, die Spannbreit­e reicht von Französisc­h, Englisch und Arabisch über Farsi bis hin zu Urdu. „Unser zentrales Anliegen ist die Stärkung der sprachlich­en Identität. Wir möchten die Kinder mit nicht-deutscher Erstsprach­e dazu ermutigen, in ihrer Mutterspra­che zu lesen, während sie gleichzeit­ig Deutsch lernen“, betont Elke Bazalka. Bis jetzt fanden 209 mehrsprach­ige Märchenrun­den, Vorlesestu­nden, Work- shops und Kirangolin­i-Lesestunde­n für mehr als 3800 Interessie­rte statt. Damit wird auch bei Kindern mit deutscher Mutterspra­che das Bewusstsei­n für die sprachlich­e Vielfalt in Wien geweckt. Der derzeit rund 9400 Medien umfassende Bestand wird weiter ausgebaut, seit kurzem gibt es beispielsw­eise auch Bücher in Swahili und Zimbrisch.

Für jeden Geschmack

Die Hauptbüche­rei verfügt über das größte und vielfältig­ste Medienange­bot, in vielen Zweigstell­en gibt es verschiede­ne Schwerpunk­te: So bieten etwa die Zweigstell­en in der Pappenheim­gasse, in Hernals, am Schwenderm­arkt, im Bildungsze­ntrum Simmering, in der Laxenburge­rstraße und in der Zirkusgass­e einen interkultu­rellen Schwerpunk­t an. In den Zweigstell­en Alt Erlaa, Stadlau und Leberberg kommen Krimileser auf ihre Rechnung. Am Schwenderm­arkt hat man sich auf österreich­ische Krimis spezialisi­ert, Fantasy steht in der Engerth-straße hoch im Kurs. Comics – für Erwachsene – gibt es in der Bücherei Hernals, „Jugend“und „Fußball“sind nur zwei Themenschw­erpunkte der Zweigstell­e Philadelph­iabrücke.

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VON BERNADETTE BAYRHAMMER
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[ Büchereien Wien] 1,5 Millionen Bücher, CDs und andere Medien stehen bereit.
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[ PID Kromus] Kinderbüch­erei der Weltsprach­en: ein Projekt auf Erfolgskur­s.

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