Die nicht mehr ganz so echte Ganztagsschule
Zwei mögliche freie Nachmittage könnten eine Ganztagsschule, in der sich Unterricht und Freizeit abwechseln, für manche Eltern attraktiver machen.
Manche
echte Ganztagsschulen könnten zukünftig also nicht mehr ganz so echt sein wie bisher. Je nach Standort sollen die Kinder in den sogenannten verschränkten Ganztagsschulen künftig nicht nur den Freitag – sondern möglicherweise auch einen zweiten Nachmittag freihaben können. Auf den ersten Blick ist das paradox: Es bringt Wahlfreiheit in ein System, in dem ohnehin Wahlfreiheit herrscht. Die allermeisten Ganztagsschulen sind Schulen, in denen der Unterricht nur am Vormittag stattfindet und die Kinder am Nachmittag – wenn gewünscht – betreut werden. Verschränkte Ganztagsschulen, in denen sich Unterricht und Freizeit über den Tag abwechseln und an denen der Nachmittag für alle verpflichtend ist, kann man wählen. Muss man aber nicht.
Nun ist das mit der Wahlfreiheit in der Stadt vergleichsweise einfach: Eltern können jene Schule wählen, die verschränkten Unterricht anbietet. Oder drei Gassen weiter die nächste mit reiner Nachmittagsbetreuung. Am Land ist das anders. In einer Gemeinde mit nur einer einzigen Schule, womöglich auch noch einer kleinen, wird diese – wenn es denn überhaupt ein ganztägiges Angebot gibt – im Regelfall nicht die verschränkte Ganztagsvariante umsetzen. Denn viele Eltern finden die täglich (außer am Freitag) verlangte Nachmittagsanwesenheit zu rigide. D ass an verschränkten Ganztagsschulen an zwei Nachmittagen pro Woche der Unterricht schon um 13 Uhr zu Ende sein soll, die Kinder aber weiter betreut werden können, ist nun ein Angebot an jene Eltern, für die die verschränkte Form zu unflexibel ist. Damit könnte die (nicht mehr ganz so) echte Ganztagsschule attraktiver für jene Familien werden, die sonst fürchten, dem Kind die Möglichkeit für einen individuell organisierten Nachmittag zu nehmen, der für Familienzeit, für Freundschaften außerhalb der Schule oder – häufig genannt – für Musikstunden und Sportverein genutzt werden kann.
Durchaus zu Recht: Das Ideal der intensiven Zusammenarbeit von ganztägigen Schulen mit Sportvereinen und Musikschulen ist vielfach eben noch immer nicht viel mehr als ein fernes Ideal. Wes- halb viele Eltern nur die Alternative sehen, das Kind gar nicht mehr oder erst nach 16 Uhr zur Geigenstunde oder zum Handball zu schicken. Oder eben eine offene Ganztagsschule zu wählen, in der es die Möglichkeit gibt, dass das Kind den einen oder anderen Nachmittag freihat.
Eine Flexibilisierung der verpflichtenden Nachmittage könnte insofern ein guter Kompromiss sein, um auch sie ins Boot zu holen. Denn die echte Ganztagsschule hat ihre Vorteile: Der Tagesablauf ist abwechslungsreicher. Das, was in den Unterrichtsstunden passiert, und das, was in Lern- und Freizeit gemacht wird, ist stärker verknüpft, als wenn es eine Dichotomie zwischen Unterricht am Vormittag und Betreuung am Nachmittag gibt. Forscher attestieren ein höheres pädagogisches Potenzial. Man
könnte nun also sagen: Besser mehr Kinder, die an drei Tagen pro Woche eine echte ganztägige Schule besuchen als gar nicht. Die Frage ist, ob und wie viel von dem pädagogischen Potenzial dieser Schulform verloren geht, wenn eine Klasse nur noch an drei Tagen pro Woche tatsächlich verschränkt organisiert ist. Und inwiefern damit ein an sich gutes Unterrichtskonzept verwässert wird, zu dem ja – Stichwort Wahlfreiheit – niemand gezwungen ist.
Die Lehrer sind jedenfalls kritisch: Sie fürchten durch diese Änderung einen extremen Qualitätsverlust an den ganztägigen Schulen. Ob das purer Alarmismus ist – wie er in der Diskussion über das Schulautonomiepaket bisweilen auftritt, man denke an die Lehrergewerkschaft, die heute in der Wiener Stadthalle eine Großveranstaltung abhält und an die Elternpetition, in der mit 15 Rufzeichen gegen die ganze Reform mobilisiert wird – oder nicht, gilt es sorgfältig zu prüfen.
Eines ist schon jetzt klar: Die Entscheidung über die zwei flexiblen Nachmittage den einzelnen Schulen zu überlassen ist jedenfalls vernünftiger, als sie – wie ursprünglich geplant – einfach für alle Schulen anzuordnen.
Die Büchereien Wien freuten sich über mehr als 41.000 neue Mitglieder im Jahr 2016 – das entspricht einer Steigerung von rund acht Prozent gegenüber dem Jahr 2015. Bei den oft als Lesemuffeln verschrieenen Jugendlichen sind die Neuanmeldungen sogar um 18 Prozent gestiegen. Der fast 1,5 Millionen Bücher, CDs, Filme, Konsolenspiele, Zeitschriften und E-Medien umfassende Bestand der Büchereien Wien wurde eifrig genutzt: 5.911.000 Entlehnungen haben die Wiener 2016 getätigt.
E-Books auf dem Vormarsch
„Mit unserem Ausbau der digitalen Medienangebote gelingt es uns, neue Kunden zu gewinnen“, freut sich Elke Bazalka, Leiterin der Büchereien Wien. Die Zahl der Downloads ist 2016 um 14 Prozent auf 535.400 gestiegen.
Immer mehr Menschen wissen die Vorteile der Virtuellen Bücherei und der Overdrive-E-Library zu schätzen: E-Books, E-Audios und E-Papers können bequem von zu Hause oder unterwegs ausgeliehen und auf E-Readern, Tablets oder Smartphones gelesen beziehungsweise gehört werden. Zu den populärsten E-Books gehörten im Vorjahr der Ratgeber „Das Life-TrickBuch“und Klaus Taschwers Wissenschaftskrimi „Der Fall Kammerer“. In der Overdrive-E-Library kann englischsprachige Literatur im Original heruntergeladen werden, besonders oft wurden im Vorjahr Harry Potter-Bände und Ethan Hawkes „Rules for a Knight“ausgeliehen. Wer sich lieber mit tagesaktuellem Geschehen befasst, wird im Library Press Display fündig: Kunden der Büchereien Wien haben dort Zugriff auf mehr als 5000 Tageszeitungen und Magazine in rund 60 verschiedenen Sprachen.
Weltsprachen für Kinder
Was als innovatives Projekt begann, setzt mittlerweile Maßstäbe im Bereich der interkulturellen Bibliotheksarbeit: Im Herbst 2015 eröffneten die Büchereien Wien in Kooperation mit dem Verein „Who I Am“die Kinderbücherei der Weltsprachen. Diese Spezialzweigstelle am Meiselmarkt in 1150 Wien bietet Kinder- und Jugendliteratur in mehr als 40 Sprachen, die Spannbreite reicht von Französisch, Englisch und Arabisch über Farsi bis hin zu Urdu. „Unser zentrales Anliegen ist die Stärkung der sprachlichen Identität. Wir möchten die Kinder mit nicht-deutscher Erstsprache dazu ermutigen, in ihrer Muttersprache zu lesen, während sie gleichzeitig Deutsch lernen“, betont Elke Bazalka. Bis jetzt fanden 209 mehrsprachige Märchenrunden, Vorlesestunden, Work- shops und Kirangolini-Lesestunden für mehr als 3800 Interessierte statt. Damit wird auch bei Kindern mit deutscher Muttersprache das Bewusstsein für die sprachliche Vielfalt in Wien geweckt. Der derzeit rund 9400 Medien umfassende Bestand wird weiter ausgebaut, seit kurzem gibt es beispielsweise auch Bücher in Swahili und Zimbrisch.
Für jeden Geschmack
Die Hauptbücherei verfügt über das größte und vielfältigste Medienangebot, in vielen Zweigstellen gibt es verschiedene Schwerpunkte: So bieten etwa die Zweigstellen in der Pappenheimgasse, in Hernals, am Schwendermarkt, im Bildungszentrum Simmering, in der Laxenburgerstraße und in der Zirkusgasse einen interkulturellen Schwerpunkt an. In den Zweigstellen Alt Erlaa, Stadlau und Leberberg kommen Krimileser auf ihre Rechnung. Am Schwendermarkt hat man sich auf österreichische Krimis spezialisiert, Fantasy steht in der Engerth-straße hoch im Kurs. Comics – für Erwachsene – gibt es in der Bücherei Hernals, „Jugend“und „Fußball“sind nur zwei Themenschwerpunkte der Zweigstelle Philadelphiabrücke.