Optionen gegen Kims Atombombe
Analyse. US-Präsident Trump hat angekündigt, das „Nordkorea-Problem“ein für allemal lösen zu wollen: Seine Möglichkeiten reichen von Angriff bis zu einer neuen Form der Diplomatie.
Donald Trump will beweisen, dass er entgegen aller Kritik sehr wohl eine Strategie zur Lösung der nordkoreanischen Atomkrise hat. Am Mittwoch musste der US-Präsident sich dazu kritischen Fragen im US-Kongress stellen. Davor ließ das Weiße Haus in der Region noch demonstrativ die Muskeln spielen.
Nicht nur sendet Washington einen US-Flugzeugträger und ein Atom-U-Boot vor die Küste der koreanischen Halbinsel. Sondern die USA begannen auch – früher als geplant – das umstrittene Raketenabwehrsystems Thaad in Südkorea aufzubauen, das nach US-Angaben Raketen aus dem verfeindeten Norden blockieren soll.
Damit erzürnte Washington vor allem Peking. In Thaad sieht das KP-Regime einen weiteren Beweis, dass sich die Amerikaner in der Region ausbreiten wollen, zumal der Raketenschild mit seinem weitreichenden Radar China ausspähen kann. Demonstrativ präsentierte China gestern seinen ersten selbst gebauten Flugzeugträger. Sogar in Südkorea regte sich Protest. Präsidentschaftskandidat Moon Jae-in, Favorit der Wahl am 9. Mai, forderte einen sofortigen Stop des Aufbaus von Thaad.
Die internationale Gemeinschaft wartet indes gespannt auf die nächste nordkoreanische Provokation – und fragt sich, wie heftig die USA darauf reagieren werden. Trump hat zuletzt mehrmals angekündigt, „das Nordkorea-Problem zu lösen“– notfalls mit Gewalt. Hier mögliche Szenarien:
Angriff
Die Trump-Regierung hat zuletzt öfters die militärische Option in den Raum gestellt. Die Möglichkeiten reichen von Seeblockade, „chirurgischen Angriffen“auf das nordkoreanische Atomarsenal bis hin zur weitangelegten Kampagne, um die Kim-Diktatur zu stürzen.
Diese Lösung ist allerdings höchst problematisch: Einerseits ist Nordkoreas Atomprogramm inzwischen schon so weit fortgeschritten, dass zur kompletten Zerstörung des Arsenals eine langwierige und komplizierte Militärkampagne notwendig wäre. Vor allem aber droht ein blutiger Krieg mit möglicherweise Millionen von Toten, da mit einem Gegenangriff auf die Millionenmetropole Seoul zu rechnen ist. Ins Visier der Nordkoreaner, die neben Atom- auch Chemiewaffen besitzen, könnten zudem US-Stützpunkte in Südkorea sowie Japan geraten.
Möglicherweise ist ein Angriff gar keine reale Option für Trump, der derzeit eher auf eine riskante Abschreckungsstrategie setzt. Bereits Bill Clinton, George W. Bush und kurzfristig sogar Barack Obama hatten Präventivschläge erwogen – und sich angesichts enormer Gefahren dagegen entscheiden.
Druck auf China
Trumps militärische Drohkulisse zielt auch darauf ab, Peking zur strikteren Nordkorea-Politik zu bewegen. Allein China könnte – trotz derzeit frostiger Beziehungen – Pjöngjang zur nuklearen Abrüstung zwingen. Nordkorea ist von China, seinem Haupt-Energielieferanten, abhängig: 85 Prozent der nordkoreanischen Produkte gehen ins große Nachbarland, Kader haben ihr Geld in Chinas Banken geparkt. Peking verweigert aber zu strenge Maßnahmen, da es einen – für sich – destabilisierenden Regimesturz verhindern will. Doch der unberechenbare Trump – und das Gefühl, die Sicherheitslage in Ostasien gerate außer Kontrolle, mit potenziellen Gefahren für Chinas Stabilität – könnten Peking zu einem Kurswechsel bewegen.
Eine weitere Option ist, dass die USA direkt China unter Druck setzen: Möglich sind US-Sanktionen gegen chinesische Firmen und Privatpersonen, die mit dem Pjöngjang-Regime handeln. Das würde allerdings die bereits fragilen USChina-Beziehungen belasten.
Verhandlungen
Seit sieben Jahren schon liegen die internationalen Verhandlungen über Nordkoreas Nuklearprogramm auf Eis. Die Trump-Regierung hat keine Andeutungen gemacht, die Gespräche wieder aufnehmen zu wollen. Allerdings hat der Präsident im Wahlkampf Bereitschaft zu bilateralen Gesprächen mit Kim Jong-un gezeigt – was prompt zu Spekulationen geführt hat, wie ein solcher Deal aussehen könnte. So mancher Beobachter schließt nicht aus, dass die USA Nordkorea sogar als Atommacht anerkennen könnten. Diese Option würde den Weg für ein hektisches atomares Wettrüsten in der Region ebnen. Ein zweiter diplomatischer Weg wären Verhandlungen mit China: Statt Druck aufzubauen könnten die USA Peking Konzessionen machen – und etwa vom Szenario einer Wiedervereinigung Koreas abrücken. China fürchtet nichts mehr, als eine Grenze zu einem US-freundlichen Korea.
Cyber-Attacken
Washington könnte Nordkoreas Waffenarsenal mit nicht konventionellen Waffen attackieren: durch Cyber-Attacken. Allerdings gab und gibt es solche Bemühungen bereits – mit begrenztem Erfolg. US-Agenten fällt es offenbar schwer, nordkoreanische Kommunikationssysteme zu knacken.