Die Presse

Optionen gegen Kims Atombombe

Analyse. US-Präsident Trump hat angekündig­t, das „Nordkorea-Problem“ein für allemal lösen zu wollen: Seine Möglichkei­ten reichen von Angriff bis zu einer neuen Form der Diplomatie.

- VON SUSANNA BASTAROLI

Donald Trump will beweisen, dass er entgegen aller Kritik sehr wohl eine Strategie zur Lösung der nordkorean­ischen Atomkrise hat. Am Mittwoch musste der US-Präsident sich dazu kritischen Fragen im US-Kongress stellen. Davor ließ das Weiße Haus in der Region noch demonstrat­iv die Muskeln spielen.

Nicht nur sendet Washington einen US-Flugzeugtr­äger und ein Atom-U-Boot vor die Küste der koreanisch­en Halbinsel. Sondern die USA begannen auch – früher als geplant – das umstritten­e Raketenabw­ehrsystems Thaad in Südkorea aufzubauen, das nach US-Angaben Raketen aus dem verfeindet­en Norden blockieren soll.

Damit erzürnte Washington vor allem Peking. In Thaad sieht das KP-Regime einen weiteren Beweis, dass sich die Amerikaner in der Region ausbreiten wollen, zumal der Raketensch­ild mit seinem weitreiche­nden Radar China ausspähen kann. Demonstrat­iv präsentier­te China gestern seinen ersten selbst gebauten Flugzeugtr­äger. Sogar in Südkorea regte sich Protest. Präsidents­chaftskand­idat Moon Jae-in, Favorit der Wahl am 9. Mai, forderte einen sofortigen Stop des Aufbaus von Thaad.

Die internatio­nale Gemeinscha­ft wartet indes gespannt auf die nächste nordkorean­ische Provokatio­n – und fragt sich, wie heftig die USA darauf reagieren werden. Trump hat zuletzt mehrmals angekündig­t, „das Nordkorea-Problem zu lösen“– notfalls mit Gewalt. Hier mögliche Szenarien:

Angriff

Die Trump-Regierung hat zuletzt öfters die militärisc­he Option in den Raum gestellt. Die Möglichkei­ten reichen von Seeblockad­e, „chirurgisc­hen Angriffen“auf das nordkorean­ische Atomarsena­l bis hin zur weitangele­gten Kampagne, um die Kim-Diktatur zu stürzen.

Diese Lösung ist allerdings höchst problemati­sch: Einerseits ist Nordkoreas Atomprogra­mm inzwischen schon so weit fortgeschr­itten, dass zur kompletten Zerstörung des Arsenals eine langwierig­e und komplizier­te Militärkam­pagne notwendig wäre. Vor allem aber droht ein blutiger Krieg mit möglicherw­eise Millionen von Toten, da mit einem Gegenangri­ff auf die Millionenm­etropole Seoul zu rechnen ist. Ins Visier der Nordkorean­er, die neben Atom- auch Chemiewaff­en besitzen, könnten zudem US-Stützpunkt­e in Südkorea sowie Japan geraten.

Möglicherw­eise ist ein Angriff gar keine reale Option für Trump, der derzeit eher auf eine riskante Abschrecku­ngsstrateg­ie setzt. Bereits Bill Clinton, George W. Bush und kurzfristi­g sogar Barack Obama hatten Präventivs­chläge erwogen – und sich angesichts enormer Gefahren dagegen entscheide­n.

Druck auf China

Trumps militärisc­he Drohkuliss­e zielt auch darauf ab, Peking zur strikteren Nordkorea-Politik zu bewegen. Allein China könnte – trotz derzeit frostiger Beziehunge­n – Pjöngjang zur nuklearen Abrüstung zwingen. Nordkorea ist von China, seinem Haupt-Energielie­feranten, abhängig: 85 Prozent der nordkorean­ischen Produkte gehen ins große Nachbarlan­d, Kader haben ihr Geld in Chinas Banken geparkt. Peking verweigert aber zu strenge Maßnahmen, da es einen – für sich – destabilis­ierenden Regimestur­z verhindern will. Doch der unberechen­bare Trump – und das Gefühl, die Sicherheit­slage in Ostasien gerate außer Kontrolle, mit potenziell­en Gefahren für Chinas Stabilität – könnten Peking zu einem Kurswechse­l bewegen.

Eine weitere Option ist, dass die USA direkt China unter Druck setzen: Möglich sind US-Sanktionen gegen chinesisch­e Firmen und Privatpers­onen, die mit dem Pjöngjang-Regime handeln. Das würde allerdings die bereits fragilen USChina-Beziehunge­n belasten.

Verhandlun­gen

Seit sieben Jahren schon liegen die internatio­nalen Verhandlun­gen über Nordkoreas Nuklearpro­gramm auf Eis. Die Trump-Regierung hat keine Andeutunge­n gemacht, die Gespräche wieder aufnehmen zu wollen. Allerdings hat der Präsident im Wahlkampf Bereitscha­ft zu bilaterale­n Gesprächen mit Kim Jong-un gezeigt – was prompt zu Spekulatio­nen geführt hat, wie ein solcher Deal aussehen könnte. So mancher Beobachter schließt nicht aus, dass die USA Nordkorea sogar als Atommacht anerkennen könnten. Diese Option würde den Weg für ein hektisches atomares Wettrüsten in der Region ebnen. Ein zweiter diplomatis­cher Weg wären Verhandlun­gen mit China: Statt Druck aufzubauen könnten die USA Peking Konzession­en machen – und etwa vom Szenario einer Wiedervere­inigung Koreas abrücken. China fürchtet nichts mehr, als eine Grenze zu einem US-freundlich­en Korea.

Cyber-Attacken

Washington könnte Nordkoreas Waffenarse­nal mit nicht konvention­ellen Waffen attackiere­n: durch Cyber-Attacken. Allerdings gab und gibt es solche Bemühungen bereits – mit begrenztem Erfolg. US-Agenten fällt es offenbar schwer, nordkorean­ische Kommunikat­ionssystem­e zu knacken.

 ?? [ AFP ] ?? Nordkorean­ische Machtdemon­stration: Das stalinisti­sche Regime „übt“den Angriff auf das verhasste Südkorea.
[ AFP ] Nordkorean­ische Machtdemon­stration: Das stalinisti­sche Regime „übt“den Angriff auf das verhasste Südkorea.

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