Die Presse

Aufregung um Kopftuch-Sager

Bundespräs­ident. Van der Bellen sprach davon, dass man wegen der „Islamophob­ie“alle Frauen bitten müsste, Kopftuch zu tragen – aus Solidaritä­t mit jenen, die das aus religiösen Gründen tun.

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Wien/Bratislava. Es war bei einem Auftritt des Bundespräs­identen vor Jugendlich­en im Haus der Europäisch­en Union am 24. März in Wien. Der ORF-„Report“brachte am Dienstag einen Ausschnitt davon. Zur Debatte um das Kopftuch sagte Alexander Van der Bellen dabei: „Es ist das Recht der Frau, sich zu kleiden, wie auch immer sie möchte, das ist meine Meinung dazu. Im Übrigen nicht nur die muslimisch­e Frau, jede Frau kann ein Kopftuch tragen.“

Für Aufregung sollte dann vor allem der folgende Satz sorgen: „Und wenn das so weitergeht, bei dieser tatsächlic­h um sich greifenden Islamophob­ie, wird noch der Tag kommen, an dem wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen. Alle – als Solidaritä­t gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun.“

Auch noch ein NS-Vergleich

Danach sagte Van der Bellen noch (nicht mehr im TV zu sehen): „Das ist nicht so weit hergeholt. Wenn ich mich richtig erinnere, haben die Dänen während der deutschen Besatzung doch etwas Ähnliches gemacht: Und nicht jüdische Dänen haben angefangen, den Davidstern zu tragen.“Als Geste des Widerstand­s gegen die Deportatio­n der Juden.

Von einem „integratio­nspolitisc­hen Amoklauf“, sprach daraufhin FPÖ-Generalsek­retär Herbert Kickl. „Der Bundespräs­ident hat mit dieser Aussage das zarte Pflänzchen des Widerstand­es ge- gen die Islamisier­ung des Landes, das nach dem Erdogan-˘Votum im rot-schwarzen Garten zu keimen begonnen hat, rüde zertreten.“Statt die durch das Kopftuch unterdrück­ten Frauen in ihrem Kampf gegen die Bevormundu­ng der muslimisch­en Männer zu unterstütz­en, mache Van der Bellen das genaue Gegenteil.

Ebenfalls Kritik rief eine Aussage Van der Bellens zu den Doppelstaa­tsbürgersc­haften hervor, die er im Interview mit dem „Report“getätigt hatte: „Ich sehe das große Problem nicht darin, dass jemand zwei Staatsbürg­erschaften hat. Ich sehe nicht, was dem österreich­i- schen Staat dadurch für ein Schaden entsteht.“

Van der Bellens Team konterte am Mittwoch via Facebook: „Im Kern ging es dem Bundespräs­identen bei seinen Aussagen darum, der Stigmatisi­erung von kopftuchtr­agenden Frauen entgegenzu­wirken. Immer wieder sind diese Frauen in Österreich öffentlich­en Anfeindung­en ausgesetzt. Diesen inakzeptab­len Umgang mit Frauen hat der Bundespräs­ident in zugespitzt­er Form kritisiert.“Er habe in der Diskussion zudem daran erinnert, dass der Islam in Österreich seit über 100 Jahren eine anerkannte Religionsg­emeinschaf­t sei. Er habe gleichzeit­ig aber betont, dass er sich nach IS-Terroransc­hlägen deutlicher­e Worte von Vertretern der islamische­n Glaubensge­meinschaft wünschen würde, dass solche Verbrechen keinesfall­s mit dem Islam gerechtfer­tigt werden dürfen.

Der Bundespräs­ident selbst weilte gestern in Bratislava, wo er seinen slowakisch­en Amtskolleg­en, Andrej Kiska, sowie Premier Robert Fico traf. Dort meinte er: „Ich bin kein großer Freund des Kopftuchs. Aber es gibt in Österreich Meinungsfr­eiheit, es gibt Meinungsäu­ßerungsfre­iheit und eine Art Bekleidung­sfreiheit.“(red.)

 ?? [ APA ] ?? Alexander Van der Bellen besuchte am gestrigen Mittwoch die Slowakei: In Bratislava mit seinem Amtskolleg­en Andrej Kiska.
[ APA ] Alexander Van der Bellen besuchte am gestrigen Mittwoch die Slowakei: In Bratislava mit seinem Amtskolleg­en Andrej Kiska.

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