Die Presse

Darlehen als „Veranlagun­g“

Nachrangda­rlehen. Nach einem OGH-Urteil schärft die Finanzmark­taufsicht ihre Rechtsausl­egung nach: Es gilt grundsätzl­ich Prospektpf­licht.

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Wien. Bürgerbete­iligungsmo­delle, Start-up-Finanzieru­ngen, Crowdinves­ting: Nachrangda­rlehen als Finanzieru­ngsform verzeichne­n in letzter Zeit einen regelrecht­en Boom. Allein nach dem Alternativ­finanzieru­ngsgesetz, das seit 1. September 2015 in Kraft ist und nur KMU betrifft, wurden laut Finanzmark­taufsicht (FMA) bisher rund 120 Finanzieru­ngen abgewickel­t, davon 99,5 als Nachrangda­rlehen.

Die FMA wendet dafür – auf Basis einer OGH-Entscheidu­ng – ab sofort eine neue Rechtsausl­egung an: Nachrangda­rlehen und qualifizie­rte Nachrangda­rlehen, die öffentlich angeboten werden, gelten demnach grundsätzl­ich als „Veranlagun­gen“und fallen damit unter die Prospektpf­licht. Damit werde eine Lücke im Verbrauche­rschutz geschlosse­n, erklärten die FMA-Vorstände Helmut Ettl und Klaus Kumpfmülle­r gestern vor Journalist­en. Prospektpf­licht bedeutet einerseits mehr Transparen­z, anderersei­ts aber auch eine Haftung des Emittenten für falsche oder irreführen­de Angaben.

Schema-F-Prospekt

Die Rechtsschu­tzlücke betraf Darlehen von über 1,5 Millionen bis fünf Millionen Euro. Denn für niedrigere zwischen 100.000 und 1,5 Millionen Euro, für die das Alternativ­finanzieru­ngsgesetz (AltFG) gilt, muss ein Informatio­nsblatt erstellt werden, bei Darlehen über fünf Millionen Euro ist ein voller Veranlagun­gsprospekt laut Kapitalmar­ktgesetz (KMG) erforderli­ch. Nur für den Bereich dazwischen gab es nach der bisherigen Auslegung, abgesehen von Einzelfäll­en, keinerlei Transparen­z- und Informatio­nspflichte­n.

Künftig muss dafür, von Ausnahmefä­llen abgesehen, ein vereinfach­ter Kapitalmar­ktprospekt („Schema-F-Prospekt“) erstellt werden. Laut der Behörde betrifft das neue sowie derzeit laufende Finanzieru­ngen (also solche, die jetzt noch gezeichnet werden können). Bereits platzierte Darlehen sind nicht betroffen. Was ist aber die Problemati­k bei Nachrangda­rlehen? Sie bieten deutlich höhere Zinsen, dafür ist aber auch das Risiko hoch: Wird der Schuldner insolvent, rangiert man als Geldgeber hinter allen anderen Gläubigern, bekommt also faktisch nicht einmal eine Quote. Qualifizie­rte Nachrangda­rlehen muss der Schuldner außerdem trotz Fälligkeit nicht zurückzahl­en, wenn er dadurch in die Insolvenz schlittern könnte.

Umstritten­e Klauseln

Manche auf dem Markt vorkommend­e Darlehensk­lauseln sind umstritten – speziell, wenn sie Verbrauche­rn gegenüber angewandt werden. Das OGH-Urteil, auf dem die neue Auslegung basiert, betraf das Fotovoltai­kunternehm­en Karma Werte GmbH. Die konkrete Causa verwies das Höchstgeri­cht zwar an die erste Instanz zurück, stellte aber klar, dass Nachrangda­rlehen als Veranlagun­g anzusehen sind (4Ob47/16i).

Bei der Anlagefirm­a KitzVentur­e, die auch in die Kritik geraten ist, geht es um andere Vorwürfe: Sie fasste von der FMA (nicht rechtskräf­tig) 75.000 Euro Strafe wegen irreführen­der Werbung aus, weitere Verfahren laufen. Sie bestreitet die Vorwürfe. Einen Kapitalmar­ktprospekt hat sie erstellt. (cka)

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[ Fabry ] FMA-Chefs: Regeln sind jetzt klarer.

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