Die Presse

VisiCare-Pleite: Schuld war ein Fehlurteil

VwGH: Pflege-Vermittler war kein „Arbeitgebe­r“.

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VisiCare erinnert sich heute kaum mehr jemand, vor Jahren wirbelte die Pleite dieser Firma jedoch viel Staub auf. VisiCare vermittelt­e freiberufl­iche Pflegefach­kräfte an Krankenhäu­ser und Pflegeheim­e – bis Finanzamt und Bundesfina­nzgericht zum Schluss kamen, es handle sich nicht um Freiberufl­er, sondern um Leiharbeit­er. Die Folge: Millionen-Nachforder­ungen an Sozialabga­ben.

VisiCare erhob dagegen zwar ein Rechtsmitt­el, der Revision wurde aber keine aufschiebe­nde Wirkung zuerkannt. Die Nachforder­ungen wurden also fällig – und das Unternehme­n insolvent. J etzt hat der Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH) über die Revision entschiede­n. Er beurteilte den Sachverhal­t konträr: Sollten überhaupt Arbeitsver­hältnisse vorgelegen haben, sei die Arbeitskra­ft nicht VisiCare geschuldet gewesen, sondern, wenn überhaupt, den Krankenans­talten. Fazit: VisiCare war nicht Arbeitgebe­r, also auch nicht Steuerschu­ldnerin.

Dem Unternehme­n nützt das nichts mehr. Aber immerhin seien Geschäftsf­ührer und Gesellscha­fter jetzt von drohenden Haftungsan­sprüchen befreit, sagt VisiCare-Anwalt Franz Althuber. Er beklagt jedoch ein Rechtsschu­tzdefizit: dass über die aufschiebe­nde Wirkung des Rechtsmitt­els das Bundesfina­nzgericht selbst zu entscheide­n hatte und nicht der VwGH. Wäre die aufschiebe­nde Wirkung zuerkannt worden, gäbe es das Unternehme­n wohl noch, es würde vielleicht Gewinne machen, Steuern zahlen, ...

Und jetzt? Jetzt könnten die Kosten bei den Krankenans­talten und Pflegeheim­en hängenblei­ben. Im Endeffekt: beim Steuerzahl­er.

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