Kurz noch mal die Welt retten
Theater der Jugend. Jethro Compton inszeniert „Schlamm“nach Louis Sachars Roman flott als Umwelt-Thriller, Sozialdrama, Liebesgeschichte.
PGibt es etwas Unheimlicheres als Mikroben, die uns (der Menschheit!) den Garaus machen könnten, wie einst fast die Pest? USAutor Louis Sachar, er schreibt Bestseller für Kinder, hat dieses Thema in seinem Roman „Fuzzy Mud“(2015) aufgegriffen, im aktuellen Kontext der Gefahr gentechnologischer Manipulation: Ein verrückter Wissenschaftler schafft etwas Schleimig-Schlammiges, das prompt mutiert. Es braucht den Mut und die Erfindungsgabe von Schülern, um eine globale Katastrophe zu verhindern. Zugleich arbeitet der Text alltägliche Ängste Jugendlicher aus: Gehöre ich zur coolsten Gruppe dazu? Werde ich geliebt? Wie wehre ich mich gegen Mobbing? Sachar versteht es, diese Probleme auf den Punkt zu bringen, vor allem aber, Spannung zu erzeugen.
Der talentierte britische Regisseur und Autor Jethro Compton (*1988) hat Sachars Roman für das Theater der Jugend dramatisiert. Im Theater im Zentrum ( dem kleineren Haus in der Liliengasse 3), wurde bei der Premiere von „Schlamm oder Die Katastrophe von Heath Cliff“am Dienstag eine flotte, leichtgängige Aufführung heftig bejubelt.
Irgendwo in Pennsylvania, USA, scheint etwas außer Kontrolle geraten zu sein. Männer in gelben Schutzanzügen stapfen über die durch Vorhänge mehrschichtige Bühne, begleitet von bedrohlicher Musik. Einer der Vorhänge dient als Leinwand: wie auf einem Computer sieht man Zahlenreihen, die ra- sant wachsen, so wie die bösen Mikroorganismen. Das nächste Bild zeigt Schulalltag. Mr. Davison (Rafael Schuchter, er spielt auch den durchgeknallten Biologen), Lehrer an der Woodridge Academy in Heath Cliff, versucht seine Schüler für Naturwissenschaften zu begeistern. Bis auf die Streberin Tamaya (Claudia Waldherr) und den eingeschüchterten Marshall (Johannes Huth) scheint ihm kaum jemand folgen zu wollen. Monica (Soffi Schweighofer) und Summer (Mieke Biendara) sind eher an Burschen als am Lehrplan interessiert. Bald wird das Beziehungsgeflecht deutlicher. Der brutale Chad (Stefan Rosenthal) will Marshall verprügeln, der wählt deshalb den unheimlichen Wald als Heimweg, begleitet von Tamaya. Die Zuseher sind jedoch durch dazwischengeschaltete Szenen mit Katastropheneinsätzen und Rückblenden zu Video-Konferenzen verantwortlicher Politiker und Wissenschaftler aus Washington vorgewarnt: Dort im Wald kann es tödlich sein.
Comptons Inszenierung ist abwechslungsreich. Liebes- und Sozialdrama, Horror und Action werden geschickt verflochten, voll Energie, teils überdreht gespielt. Die pädagogische Absicht ist klar, der Zeigefinger hebt sich oft: Wir müssen nur noch einmal rasch die Welt retten – logisch, dass dies vor allem dank der beherzten Klugheit der Jugendlichen gelingt. Nebenbei können die Streberin, der Schüchterne und der Außenseiter außerdem reifen. Das ist vielleicht der Beginn wunderbarer Freundschaften.