Die Presse

ÖBB: Gewinn sinkt wieder

Bilanz. 2016 mussten die ÖBB trotz höherer Zahlungen der öffentlich­en Hand einen geringeren Gewinn vermelden. Schuld daran seien unter anderem positive Einmaleffe­kte im Jahr zuvor gewesen – als Kanzler Kern noch ÖBB-Chef gewesen ist.

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Die ÖBB erhielten im vergangene­n Jahr mehr Zuschuss von der öffentlich­en Hand, trotzdem sank der Gewinn um 26 Millionen Euro.

Wien. Auch der äußerliche Auftritt ist oft ein Signal. Statt in die moderne Konzernzen­trale am Wiener Hauptbahnh­of – wie sein Vorgänger und jetzige Bundeskanz­ler, Christian Kern – lädt ÖBB-Chef Andreas Matthä am Donnerstag in die ÖBB-Werkstätte im äußeren Simmering, um die Bilanzzahl­en des Jahres 2016 vorzustell­en. „Wir möchten zeigen, womit wir uns wirklich beschäftig­en“, so Matthä zu Beginn seiner Präsentati­on.

Neben einem neuen Fahrgastre­kord mit 461 Millionen Reisenden im vergangene­n Jahr gehören dazu aber auch erstmals seit 2013 wieder gesunkene Gewinne. So konnte die heimische Staatsbahn im Vorjahr mit 166,2 Mio. Euro um 26,6 Mio. Euro weniger verdienen als im Jahr zuvor. Dies, obwohl die staatliche­n Leistungen für von Bund, Ländern und Gemeinden bestellte Verkehre im vergangene­n Jahr um fast 70 Mio. Euro auf eine Milliarde gestiegen sind.

Sondereffe­kt im Jahr 2015

Zwei Gründe seien dafür verantwort­lich, so die ÖBB-Spitze. Zuerst einmal habe es 2015 einen Sondereffe­kt in Form der Auflösung einer 85 Mio. Euro schweren Rückstellu­ng gegeben, der damals die Personalko­sten einmalig deutlich reduziert habe. 2016 habe es diesen Effekt nun nicht mehr gegeben. Bedeutet das, dass Kern seine letzte Bilanz mit dem Rekordgewi­nn von 192,8 Mio. Euro durch Glück zusammenge­bracht hat? Nein, bemüht sich der damalige und heutige Finanzvors­tand, Josef Halbmayr, zu versichern. Die Rückstellu­ng wurde ja erst 2014 gebildet und musste daher ebenfalls im laufenden Geschäft erst verdient werden.

Und auch für den Umstand, dass die Zahlungen für bestellte Verkehre um 70 Mio. Euro gestiegen sind, während der Umsatz sich nur um 20 Mio. Euro auf 5,25 Mrd. Euro erhöht hat, gäbe es eine Erklärung. So habe man die Abrechnung mit den Ländern bei bestellten Buslinien verändert. Die ÖBB erhalten nun einen höheren Pauschalbe­trag von den Bestellern, dafür fließen die Ticketeinn­ahmen vollständi­g an die Länder anstatt in die Kasse der Bahn. Auf dem Papier steigt so der staatliche Zuschuss, während der Marktumsat­z fällt.

Als Gründe für die schlechter­e Performanc­e der Bahn werden daher gänzlich andere Effekte ge- nannt. So habe die Pleite der südkoreani­schen Reederei Hanjin zu geringerem Gütervolum­en in Europa geführt. Und auch der Krieg in der Ukraine habe nach wie vor Auswirkung­en, weil Stahlliefe­rungen ausbleiben. Zu guter Letzt habe man auch noch die Nachwirkun­gen der Flüchtling­swelle von 2015 in Form der Grenzkontr­ollen gespürt. „Die Passagiere mussten an den Grenzen die Züge wechseln. Viele sind daher auf andere Verkehrsmi­ttel gewechselt“, so Matthä. Trotz all dieser Faktoren sei die ÖBB-Güterverke­hrstochter die einzige Güterbahn Europas gewesen, die überhaupt ein positives Ergebnis erzielen konnte.

2,8 Mrd. Euro vom Steuerzahl­er

Für die Steuerzahl­er nur wenig Trost. Sie mussten für die heimische Bahn im vergangene­n Jahr in Summe nämlich einen Betrag von 2,8 Mrd. Euro in die Hand nehmen. Neben der einen Milliarde für bestellte Verkehre und „gemeinwirt­schaftlich­e Leistungen“wie Schülerfre­ifahrten zahlte der Bund wie in den Jahren zuvor 1,1 Mrd. Euro für den Betrieb des Schienenne­tzes. Darüber hinaus wurde die Rückzahlun­g des auf Pump finanziert­en Ausbaus mit einer Annuitäten­zahlung von 691,6 Mio. Euro gestützt. Dieser Betrag stieg um knapp 60 Mio. Euro und wird sich auch in den kommenden Jahren erhöhen. Denn die Verschuldu­ng der Bahn stieg durch das Ausbauprog­ramm um 482 Mio. Euro auf 22,8 Mrd. Euro. Allerdings habe sich auch das Sachanlage­vermögen im gleichen Zeitraum um 970 Mio. Euro auf 24,4 Mrd. Euro erhöht, so Matthä.

„Wir werden auch künftig sorgsam mit den Mitteln der Steuerzahl­er umgehen“, sagt Matthä. Man habe in den vergangene­n Jahren bereits viel gespart. So sei der Gesamtaufw­and seit 2006 um 11,6 Prozent gestiegen, während sich die Inflation im selben Zeitraum um 22 Prozent erhöht habe. Auch beim Personal sei man inzwischen deutlich unter einstigen Planzahlen. Zwar haben die ÖBB nach wie vor etwas mehr als 40.000 Mitarbeite­r. Aber nur mehr 35.000 davon seien in Österreich beschäftig­t, ohne den Postbus habe man überhaupt nur mehr 31.000. Einst formuliert­e Ziele von einem notwendige­n Personalst­and von unter 40.000 Mitarbeite­rn seien daher mehr als erreicht, so Matthä. (jaz)

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[ APA ] „Wir wollen zeigen, womit wir uns wirklich beschäftig­en“, so ÖBBChef Andreas Matthä (rechts) bei der Präsentati­on der Bilanz 2016 mit seinem Finanzvors­tand, Josef Halbmayr.

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