Die Presse

Warum Macron als Favorit in die Wahl geht

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Schon nach der ersten Wahlrunde (24 %) ließ sich Emmanuel Macron (39) mit Austern und Champagner in einem schicken Pariser Bistro feiern. Damals redete er so, als hätte er den Sieg bereits in der Tasche. Viele nahmen ihm das übel. Nach dem Fernsehdue­ll gegen Marine Le Pen kann sich der Ex-Wirtschaft­sminister vermutlich wirklich zurücklehn­en: Umfragen prognostiz­ieren ihm einen klaren Sieg am Sonntag. Der Spitzenkan­didat der Konservati­ven, Francois¸ Fillon (20 %), hat sich ebenso für ihn ausgesproc­hen wie der schwer geschlagen­e sozialisti­sche Anwärter Benoˆıt Hamon (6,4 %). Die Zentristen sind ohnehin auf seiner Seite. Nur der linksextre­me Jean-Luc Melenchon´ (19,6 %) gab keine Empfehlung ab, warnte aber vor Le Pen. Offen bleibt nur, wie viele Unentschlo­ssene der Wahl fernbleibe­n.

Was ist das Erfolgsgeh­eimnis dieses Mannes der politische­n Mitte, der in Rekordzeit aus dem Nichts seine En-Marche!-Bewegung aus dem Boden gestampft hat und kurz davor steht, als jüngster Präsident in den E´lyse´e-Palast einzuziehe­n? Der Exsozialis­t antwortete auf Frust, Wut und Niedergang­sängste seiner Landsleute mit dem Verspreche­n ambitionie­rter Reformen. Im Gegensatz zum radikalen Nationalis­mus und der Antisystem­haltung seiner Gegnerin gab er den weltoffene­n Systemrefo­rmer, der Frankreich wieder auf die Beine bringen will: Er warb mit optimistis­chen Parolen a` la Barack Obama und Justin Trudeau – und bekannte sich so deutlich wie kaum ein anderer führender europäisch­er Politiker zur EU.

Das alles mag zwar Wähler überzeugt und angezogen haben. Aber wegen seines Optimismus, seiner Reform- und EU-Freudigkei­t wird Macron vermutlich nicht die Wahl gewinnen: Aussagekrä­ftig ist da eine Umfrage, die nach der ersten Wahlrunde durchgefüh­rt wurde. 41 Prozent der Macron-Anhänger stimmten demnach für ihn, um Marine Le Pen zu verhindern – und nicht wegen seines Programms. Bei keinem anderen Bewerber war das Vertrauen in den Kandidaten so niedrig wie bei Macron. 84 Prozent der Le-Pen-Wähler etwa stimmten aus Überzeugun­g für sie.

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