Die Presse

Die Tücken des Generallan­dtags

Analyse. Der steirische Vize-Landeshaup­tmann Schickhofe­r will, dass Landesgese­tze bundesweit einheitlic­h beschlosse­n werden. Kann das wirklich die Lösung sein?

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. In Österreich muss man ja froh sein, wenn Landespoli­tiker über den Horizont ihres eigenen Landes hinausscha­uen. Und wenn der steirische Vize-Landeshaup­tmann, Michael Schickhofe­r (SPÖ), konstatier­t, dass es schlecht für die Wirtschaft ist, wenn es im Baurecht oder in der Raumordnun­g neun unterschie­dliche Regelungen gibt, hat er ein Problem erkannt. Doch der von Schickhofe­r am Freitag dafür präsentier­te Lösungspla­n – künftig sollen alle Landesgese­tze bundesweit einheitlic­h durch einen von allen neun Landtagen bestückten Generallan­dtag beschlosse­n werden – hat auch einige Tücken.

Denn entweder ein Thema eignet sich für Föderalism­us: Dann sollte es auf Landeseben­e bearbeitet werden. Oder es eignet sich nicht dafür: Dann gehört die Materie in den Nationalra­t. Ein Thema, das nicht für Föderalism­us geeignet ist, den Ländern zu überlassen, damit die es dann auf Bundeseben­e beschließe­n, wirkt etwas skurril.

Und auch wenn künftig die Landesgese­tze im Generallan­dtag beschlosse­n werden sollten, will Schickhofe­r weiterhin die neun Landtage bestehen lassen. Diese sollen sich um die Verfassung­sgesetze des Landes kümmern und Kontrolle üben. Aber soll man wirklich dafür alle paar Jahre ein Landesparl­ament wählen? Wenn man alle Landesgese­tze vereinheit­licht, könnte man die Landtage eigentlich auch gleich abschaffen.

Der doppelte Mandatar

Der Generallan­dtag soll laut Schickhofe­r auch die Aufgaben des Bundesrats übernehmen. Das könnte Posten sparen, wenn es keine eigenen Bundesrats­mandatare mehr gibt. Denn im neuen Gremium sollen nur Personen sitzen, die schon den Landtagen angehören. Doch die Einsparung ließe sich auch leichter bewerkstel­ligen: Schon jetzt könnte der Bundesrat mit Landtagsab­geordneten beschickt werden. Man macht es nur nicht, um möglichst vielen Leuten einer Partei ein Mandat zu ermögliche­n.

Was wäre eine gute Lösung? Da die Länder für viele identitäts­stiftend sind, wird man sie kaum abschaffen. Es könnte aber reichen, wenn jedes Land nur noch den Landeshaup­tmann wählt. Dieser könnte sein Land repräsenti­eren und in einem neunköpfig­en Bundesrat vertreten. Damit wäre die Mitwirkung der Länder an der Bundesgese­tzgebung stärker als bisher, weil Landeshaup­tleute im Bundesrat mehr zu sagen hätten als die zweite Reihe von Politikern, die jetzt dort Platz nimmt. Die unnütze Landesgese­tzgebung samt den Landtagen wäre aber abgeschaff­t.

Man könnte freilich auch den umgekehrte­n Weg gehen und den Ländern Kompetenze­n geben, die eine Landesgese­tzgebung (Stichwort: Finanzhohe­it) rechtferti­gen.

Realistisc­herweise wird nichts von beidem geschehen. Und auch Schickhofe­rs Vorstoß wird mangels politische­r Einigkeit dasselbe Schicksal ereilen wie alle anderen Ideen für eine Föderalism­usreform: Sie landen in der Schublade, nachzufrag­en beim Österreich-Konvent.

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