„Obergrenzen sind Blödsinn“
Interview. Die SPÖ Niederösterreich gilt als Hoffnung der Bundespartei – Franz Schnabl ist ihr neuer Chef. Der Ex-Polizist will auf Sicherheit, Arbeit und Transparenz im Land setzen.
Die Presse: Die SPÖ Niederösterreich gilt nicht als die strahlendste Landespartei. Warum tun Sie sich diesen Job an? Franz Schnabl: Die SPÖ Niederösterreich wird unter ihrem Wert geschlagen. Ja, die Wahlergebnisse seit 1988 sind so etwas wie eine permanente Erosion. Aber: Wir sind das Land mit den meisten Parteimitgliedern – bei den letzten Nationalratswahlen hat die SPÖ NÖ die meisten Stimmen für die SPÖ geholt. Noch vor Wien. Wir leisten also den größten Beitrag. Außerdem glaube ich, dass man sich engagieren muss, damit sich Dinge positiv bewegen.
Nachdem die Wiener SPÖ so zerstritten ist, bezeichnen Experten Niederösterreich tatsächlich als Zukunftshoffnung der Partei. Was ist Ihr Wahlziel? Um Prozente zu definieren, ist es zu früh. Minimalziel ist, die absolute Mehrheit der ÖVP in Niederösterreich zu brechen – denn dann gibt es eine Möglichkeit für alle anderen Parteien, eigene Projekte einzubringen.
Sie arbeiten im Sicherheitsbereich bei Frank Stronachs Magna – früher waren Sie Polizist. Wegen dieser Vita haben Sie in der Partei auch einige Kritiker, wie wollen Sie diese ins Boot holen? Sicherheit heißt für mich Ordnung und Stabilität: Das geht von der Gesundheit über Soziales bis hin zur Kriminalität – das sind auch Grundanliegen der Sozialdemokratie. Ich respektiere Stronach, er hat 13.000 Arbeitsplätze in Österreich geschaffen und erhalten – ich finde, davon kann man lernen, und ich bringe Erfahrung aus diesem großen Unternehmen mit. Stronach ist übrigens 2010 aus der Firma, in der ich arbeite, ausgeschieden – es gibt keine Arbeitsbeziehung. Was die Kooperation mit der FPÖ betrifft, sind Sie da eher auf der Seite von Wiens Bürgermeister, Michael Häupl, der das ausschließt – oder von Burgenlands Landeshauptmann, Hans Niessl, der eine rotblaue Regierung geschmiedet hat? Hundert Prozent Kriterienkatalog. Ich werde niemanden aus Gesprächen ausschließen, bekenne mich aber auch dazu, dass grundsätzlich der Wahlsieger den Auftrag hat, eine Regierung zu bilden. Es gibt bisher nur eine Partei, die das auf Bundes- wie Landesebene gebrochen hat: die ÖVP.
Und beim Flüchtlingsthema: Team Häupl und Willkommenskultur oder Team Niessl, der weniger Zuwanderung will? Team Ordnung. Ich glaube, dass eine Diskussion über Obergrenzen Blödsinn ist – denn es gibt ein Grundrecht auf Asyl. Und man kann jene, die dann über dieser Obergrenze sind, auch nicht einfach zurückweisen, sie lösen sich nicht auf. Aber es wurden definitiv Fehler gemacht, was den Übertritt über die Bundesgrenze betraf. Bei einem Fußballspiel schafft man es ja auch, dass 18.000 Menschen geordnet, kontrolliert und identifiziert in ein Stadion gelassen werden. Das wäre im Herbst 2015 mit den entsprechenden Ressourcen auch möglich gewesen.
Wo sehen Sie als Sicherheitsexperte die größten Missstände in Österreich? Das subjektive Sicherheitsgefühl schwindet, und das objektive – auf Zahlen, Daten, Fakten basierend – steigt seit 2002 etwas. Die Politik hat an den falschen Ecken gespart, Stichwort Polizeipostenschließungen. Es muss wieder investiert werden – das beginnt bei der Ausbildung der Polizei und geht bis zur technischen Ausrüstung. Wir werden einen Plan vorlegen und das Thema genau beleuchten.
Sie wollen sich das Thema Arbeit auf die Fahnen heften. Da spricht die SPÖ derzeit fast nur mehr von den Unternehmern und kaum mehr von Arbeitnehmern. Will die SPÖ die neue ÖVP werden? Es braucht Personen, die Unternehmergeist, Ideen und Geld haben, zu gründen – und jene, die bereit sind, die allfällige Arbeit anzunehmen. Positiv ist, dass wir noch nie so viele Arbeitsplätze hatten wie bisher – auch die steigende Arbeitslosigkeit stagniert langsam. Aber auch hier ist Niederösterreich leider wieder nur im unteren Drittel. Ich finde, die SPÖ beleuchtet alle Facetten – wir machen umfassendere Vorschläge als die ÖVP.
Wir haben also die Themen Sicherheit und Arbeit – normalerweise ist es eine thematische Dreifaltigkeit, mit der Politiker einen neuen Job antreten. Was noch? Bei Demokratie und Transparenz hat Niederösterreich Nachholbedarf. Menschen interessieren sich wieder mehr für Politik als früher, das ist gut. Ich bedaure aber, dass über vieles der Mantel der Geheimhaltung gebreitet wird – die Transparenzdatenbank wurde zerredet, bis nichts mehr übrig blieb. Es muss nachvollziehbar sein, welche Leistungen und Subventionen vom Staat gewährt werden – die Menschen müssen wissen, was unsere Themen und Kosten sind.
Bis wann wollen Sie für die SPÖ den Landeshauptmann-Sessel holen? Es gilt grundsätzlich ein Anspruch wie im Fußball: Ein Spiel beginnt man nicht mit der Einstellung, dass man es eh nicht gewinnt.