Die Presse

Der Fauxpas des Hannes Androsch

Forschung. Die AITChefpos­ten werden ausgeschri­eben. Doch Aufsichtsr­atschef Androsch zeigt jetzt schon Präferenze­n – und sorgt für Unmut.

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Er hat es sicherlich nur gut gemeint. Seit zehn Jahren ist Hannes Androsch Aufsichtsr­atspräside­nt von Österreich­s größter außerunive­rsitärer Forschungs­einrichtun­g, dem Austrian Institute of Technology (AIT). Und der Erfolg des AIT kann sich sehen lassen. Findet Androsch auch. Am 26. April lud er also Journalist­en zu einem Pressegesp­räch – und dort wollte er wohl seine Wertschätz­ung für die beiden amtierende­n AIT-Geschäfts- führer zum Ausdruck bringen. Im Endeffekt hat Androsch aber ordentlich für Irritation­en gesorgt.

Was hat Androsch gesagt? Unter anderem: „Never change a winning team.“Denn: Mitte 2018 laufen die Verträge der Geschäftsf­ührer Wolfgang Knoll und Anton Plimon aus. Hannes Androsch hält viel von dem Duo, was angesichts der guten Entwicklun­g des AIT auch nur zu verständli­ch ist. Die Verträge der beiden sollten also rasch verlängert werden, sagte Androsch vor Journalist­en. Und hat wohl, bei aller Begeisteru­ng, eine Kleinigkei­t übersehen: Die Mitglieder des AIT-Aufsichtsr­ats sind mit der Angelegenh­eit noch gar nicht befasst worden. Und, nicht zu vergessen: Die Posten müssen natürlich ausgeschri­eben werden. Denn das AIT gehört immer noch mehrheitli­ch der Republik Österreich.

„Die Presse“fragte also beim SPÖ-Infrastruk­turministe­rium von Jörg Leichtfrie­d, dem Eigentümer­vertreter des AIT, nach. Und erhielt die leicht pikierte Antwort: „Eine Verlängeru­ng der Verträge ist gemäß Stellenbes­etzungsges­etz so nicht möglich. Es muss eine Ausschreib­ung erfolgen.“

Nun kann man Androsch immerhin zugestehen, einfach ehrlich gewesen zu sein. Hand auf ’s Herz: Ausschreib­ungen für Posten im staatsnahe­n Bereich sind in Österreich gewöhnlich Makulatur. Meist steht ja vor diesen Ausschreib­ungen schon längst fest, wer den jeweiligen Job bekommen soll. Aber die traditione­lle Farce coram publico als solche zu entlarven? Geht gar nicht.

Hannes Androsch steht jedenfalls zu seiner Ansage. Sie sei ja bloß eine „Anregung“gewesen, sagt er der „Presse“. Und natürlich werde alles seine Richtigkei­t haben: Gestern, Freitag, tagte der AIT-Aufsichtsr­at, da bekam das Gremium dann auch das Mandat vom zuständige­n Ministeriu­m, eine Ausschreib­ung zu veranlasse­n.

Androsch zum Inhalt der Ausschreib­ung: „Wir haben ein hohes Anforderun­gsprofil.“Bewerber(innen) müssten einen entspreche­nden wissenscha­ftlichen Background und ausgeprägt­e internatio­nale Kontakte aufweisen. Ob sich solch Kapazunder wohl überhaupt bewerben werden, wenn sie nun den Eindruck gewinnen müssen, dass es ohnehin zu einer Vertragsve­rlängerung der beiden AIT-Geschäftsf­ührer kommen wird? „Natürlich“, meint Androsch. Schränkt aber ein: „Früher hat sich niemand für den Job interessie­rt. Jetzt sind alle ganz wild darauf. Aber nach all den Jahren auf den Zug aufspringe­n zu wollen – das ist für mich noch keine ausreichen­de Qualifikat­ion.“

Worauf Androsch anspielt: Das AIT hatte es nicht immer leicht. Und der Job an der Spitze war ungefähr so attraktiv wie der eines Finanzmini­sters mit klammer Staatskass­e. Herausford­ernd, aber undankbar.

Das wiederum lag daran, dass der Job unter der schwarz-blauen Regierung ein höchst attraktive­r war. Damals hieß das AIT noch Austrian Research Centers (ARC). Geschäftsf­ührer war der ehemalige FPÖ-Verteidigu­ngsministe­r, Helmut Krünes, Gesamtprok­urist war sein Parteikoll­ege Martin Graf. Was soll man sagen? Das ARC machte Millionenv­erluste, es gab Sonderprüf­ungen des Ministeriu­ms, es gab einen vernichten­den Rechnungsh­ofbericht. Der monierte „stark angestiege­ne Personalau­fwendungen“sowie „deutlich überhöhte Verwaltung­skosten“. Harsche Kritik gab es vor al- lem für die Verträge der ARC-Führungskr­äfte (die das Unternehme­n zu dem Zeitpunkt schon verlassen hatten). Auch auf die generöse Abfertigun­g Martin Grafs wurde hingewiese­n.

Das ARC stand vor dem Ruin, wie auch Hannes Androsch erzählt. Im Mai 2007 übernahm allerdings er den Vorsitz des Aufsichtsr­ates. Ein Jahr später kamen die Geschäftsf­ührer Plimon und Knoll an Bord, das Unternehme­n wurde neu aufgestell­t und auf AIT umgetauft. Und auch die Eigentümer­struktur hat sich geändert: Einst hatten – neben dem Mehrheitsa­nteil der Republik – 38 österreich­ische Unternehme­n zu den Eigentümer­n gezählt. Sie wollten damals, als sich ein Debakel abzeichnet­e, aussteigen. Ihre Anteile übernahm die Industriel­lenvereini­gung über den Verein zur Förderung von Forschung und Innovation.

Heute kann sich das AIT sehen lassen: Rund 1300 Mitarbeite­r erwirtscha­ften in den Forschungs­feldern Energie, Mobilität, Gesundheit, Automation und Sicherheit einen Umsatz von 137 Millionen Euro. Mehr noch: Das AIT hat internatio­nal großes Renommee. Zwei Beispiele unter vielen: Experten für Bildverarb­eitung des AIT haben einen ultraschne­llen Zeilensens­or entwickelt, der beim Druck von Banknoten hochwertig­e Bilder liefert und Scheine mit Fehlern identifizi­ert. Er wird europaweit eingesetzt. Und: In Seibersdor­f verfügt das AIT über ein offiziell und internatio­nal anerkannte­s Dopingkont­rolllabor.

Hannes Androsch kann also zu Recht stolz sein – und die beiden Geschäftsf­ührer ebenso. Ist ihre Vertragsve­rlängerung also quasi fix? Abwarten.

Androschs Stellvertr­eter im AIT-Aufsichtsr­atspräsidi­um, Industriev­ertreter Peter Koren, kann da auch nicht weiterhelf­en, er gibt sich zugeknöpft. Den beiden Geschäftsf­ührern attestiert er zwar, „hervorrage­nde Arbeit“geleistet zu haben. Sonst verweist er aber auf das „gesetzmäßi­ge Auswahlver­fahren“. Also die Ausschreib­ung.

Laut Androsch soll die Ausschreib­ung sehr rasch über die Bühne gehen und die Bestellung der Geschäftsf­ührung möglichst noch vor dem Sommer erfolgen. Das wiederum spricht dafür, dass die Verträge einfach verlängert werden.

Das wird spannend. Denn im AIT gibt es hochrangig­e Mitarbeite­rinnen, die sich für den Posten bewerben möchten. Wie wohl das Match gegen den durchaus verdienten Geschäftsf­ührer Wolfgang Knoll, immerhin Jahrgang 1949, ausgehen wird?

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[ Katharina Roßboth ] Hannes Androsch sieht kein Problem mit seiner „Anregung“.

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