Schubert ohne naive Schwärmerei
Im Konzerthaus: der Zyklus „Schwanengesang“mit Ian Bostridge und Lars Vogt.
Schubert hat zwei Liederzyklen vorgelegt: „Die schöne Müllerin“und „Die Winterreise“. Der dritte, „Schwanengesang“, stammt von seinem Verleger Tobias Haslinger: Er hat Schuberts letzte Vertonungen – von Texten von Heine und Rellstab – zu einer Reihe zusammengeführt, die in Schuberts vermutlich letztem Lied endet, der „Taubenpost“, von Johann Gabriel Seidl. Ein sehnsuchtsvoller Ausklang nach der schwerblütigen Melancholie und meist düsteren Atmosphäre der HeineLieder. Als solchen präsentierte ihn auch Ian Bostridge.
Er hatte für diesen Auftritt nicht seinen ständigen Begleiter Julius Drake mitgebracht, sondern mit Lars Vogt einen der wichtigsten Pianisten seiner Generation. Nichts gegen Begleiter, aber es ist doch etwas anderes, wenn zwei Solisten miteinander musizieren. Das bedeutet im Idealfall – und ein solcher war dieses Konzert –, dass zwei eigenständige Gestalter sich gemeinsam einem Stück widmen, jeder wesentliche Akzente setzt und doch nie das Gemeinsame aus dem Auge verliert.
Vogt betonte die dramatischen Momente des Zyklus, zeigte aber auch ein Faible für subtil gestaltete kantable Episoden. Bostridge, der nach der Pause lockerer wirkte, glänzte mit unbedingter Klarheit der Diktion. Seine Darstellung ist durch scharfsinnigen Intellekt bestimmt, naive Schwärmerei hat da keinen Platz.
Beethoven zur Zugabe
Vor die Lieder des zweiten „Schwanengesang“-Buchs stellten die beiden ein Schubertlied, das in deren Atmosphäre führte: „Einsamkeit“nach Worten von Mayerhofer. Schuberts Antwort auf Beethovens „An die ferne Geliebte“? So sieht es jedenfalls Bostridge. So wählten er und Vogt diese Liederreihe als Zugabe, weiteten die programmatische Perspektive dieses heftig akklamierten Abends.