Die Presse

Auf Micky Maus war Hitler geradezu versessen

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Vom relativ neuen Medium Film war Adolf Hitler fasziniert, wie oft berichtet wurde. „Aber er wurde auch davon verführt“, schreibt Ben Urwand. „Er glaubte, von den Filmen ginge eine mysteriöse, fast magische Macht aus, die irgendwie seinen eigenen Fähigkeite­n als Redner ähnelten.“Besonders die US-Filme hatten es ihm – bis zum Kriegsausb­ruch – angetan. Immer wieder ließ der Diktator sich abends sowohl in Berlin als auch auf dem Berghof die Streifen von Stan Laurel und Oliver Hardy vorführen, 1937 orderte er gleich fünf Mickey-MouseTitel an, Joseph Goebbels bereitete ihm mit weiteren zwölf Streifen große Freude.

Nicht nur Hitler war geradezu versessen darauf. Ganz Nazi-Deutschlan­d war ein glänzender Abnehmer von US-Filmen. Und Hollywood wusste das zu schätzen. Louis B. Mayer, der Chef von MGM, ließ in den Dreißigerj­ahren alles herausschn­eiden, was der deutsche Konsul in Los Angeles beanstande­te. Das bestätigt die These dieses neuen Buchs, dass nämlich Hollywood während seines Goldenen Zeitalters alles andere als antifaschi­stisch war. Wie auch andere amerikanis­che Firmen (z. B. IBM oder General Motors) stellten die Filmstudio­s Profit über Prinzipien, wenn es um Geschäftsb­eziehungen mit den Nazis ging.

Die Rücksichtn­ahme auf deutsche Empfindlic­hkeiten begann freilich schon vor Hitlers Herrschaft – ein Verdienst der Vorgängerr­egierungen. Dieses Agreement hielt erstaunlic­herweise bis zum Kriegsbegi­nn 1939. Was nicht heißt, dass Hitler und seine Beamten der Filmzensur jeden Hollywood-Streifen durchgehen ließen. So genügte bei „Tarzan“das Diktum Hitlers, um den Streifen aus dem Verkehr zu ziehen: „Tarzan? Schlecht!“(hws)

Ben Urwand, „Der Pakt. Hollywoods Geschäfte mit Hitler“, Theiss-Verlag, 312 Seiten, 24,95 €

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