14 Cent Geldbuße? Ein zu kleiner Tadel für den Adel
Gastkommentar. Zur Diskussion über höhere Strafen für unrechtmäßig verwendete Adelstitel.
Mit regelmäßiger Unregelmäßigkeit fordern die Grünen im Parlament die Erhöhung der Strafe für die unrechtmäßige Verwendung von Adelstiteln oder Adelsprädikaten. Eine Geldbuße von 14 Cent (nicht Euro!) sei viel zu gering. Die Ersatzfreiheitsstrafe kann immerhin mit bis zu sechs Monaten Freiheitsentzug ausgemessen werden. Zum Zeitpunkt der Normierung waren 20.000 Kronen, die heutigen 14 Cent, eine erkleckliche Summe. Ein Metallarbeiter kam im Jahr 1919, als der österreichische Adel abgeschafft wurde, auf einen Wochenlohn von gerade 280 Kronen.
Begründet haben die Grünen ihren Antrag einleuchtend und logisch. Eine niedrige Strafe habe keine abschreckende Wirkung, niemand würde bei einer solchen Sanktion mit dem rechtswidrigen Verhalten aufhören, wobei sie auf das republikanische Prinzip Österreichs verweisen. Fraglich ist, ob die Norm so einfach zu modifizieren sein wird, zumal sie im Verfassungsrang steht, weshalb man für eine Änderung eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat benötigen würde.
Unstrittig ist freilich, dass eine lächerlich gewordene Strafe nicht mehr ihren Zweck erfüllt.
Eine Verwaltungsübertretung
Auf der anderen Seite der Republik gibt es mit unregelmäßiger Regelmäßigkeit Bestrebungen zur Annullierung des Adelsaufhebungsgesetzes. Dieses Vorhaben ist gleichsam undurchsetzbar, zumal wegen des Verfassungsrangs der Norm auch hier eine parlamentarische Zweidrittelmehrheit notwendig wäre. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass diese Novellierung für die einstmals Nobilitierten in unserer Republik nie Gesetz werden wird.
Die Führung der Adelstitel ist nicht gerichtlich strafbar, sondern eine Verwaltungsübertretung, und für die Bestrafung ist die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig. Die öffentliche Verwendung der Titel ist jedenfalls rechtswidrig. Der Gebrauch im gesellschaftlichen Verkehr, bei dem auf aufgehobene Titel hingewiesen wird, wird dagegen dann ohne Sanktionen bleiben, wenn er nicht eine Missachtung der Bestimmungen des Adelsaufhebungsgesetzes darstellt.
Republikanische Großtat
Das lächerliche Kokettieren der „Briefadeligen“mit ihrer aufgehobenen Würde in Form des mit Tinte durchgestrichenen „von“auf einer Visitenkarte wird wohl keine Verwaltungsstrafe nach sich ziehen. Der „alte Adel“kommt bestimmt ohne tragikomisches Aufmerksammachen aus. Jeder, der geschichtlich halbwegs beleckt ist, weiß, wer die zutiefst österreichischen Familien Attems, Czernin, Esterhazy,´ Habsburg, Meran, Pallfy´ oder Schwarzenberg waren und sind. Und jenen, die Habsburg oder Lothringen weder buchstabieren noch schreiben können, ist auch mit einem „von“vor dem Namen nicht zu helfen.
Beschränken wir uns in der Republik daher demokratisch auf die schönen und selbst erworbenen Titel vom Herrn Diplomingenieur über das Fräulein Master bis zur Frau Doktor.
Ich bin der Meinung, dass die Abschaffung des Adels mit dem Gesetz vom 3. April 1919 eine demokratische und republikanische Großtat war. Gerade mit der Beendigung ererbter Privilegien wurde der gesellschaftlichen Polarisierung auf eine vernünftige Art entgegengewirkt.
Wer einmal einen „Adelsauftrieb“, zu dem auch Normalsterbliche zugelassen waren, erlebt hat, wird mir recht geben und verstehen, warum ich die künstliche Revitalisierung einer Zwei- oder gar Dreiklassengesellschaft strikt ablehne.