Als Forscher und Wissenschaftler Latein sprachen
Neulatein. In der Renaissance kehrte man zur klassischen Sprache der Römer zurück. Von Kopernikus bis Linne´ war Latein die Lingua franca, die in der Wissenschaftsszene weltweit beherrscht und verstanden wurde.
Im Fokus seiner Forschung stehen Natur und Umwelt, und im Fokus steht auch die lateinische Sprache. „Im Mittelalter hat man sich etwa im Bereich der Medizin noch auf die überlieferten schriftlichen Quellen, auf Autoritäten wie Hippokrates berufen“, sagt der Innsbrucker Uni-Professor Martin Korenjak. Da habe man teilweise richtige, teilweise aber auch falsche Angaben – z. B. dass die Arterien mit Luft gefüllt sind – als gegeben hingenommen. Erst die in der frühen Neuzeit in Latein verfasste Literatur der Wissenschaftler habe hier eine moderne und wissenschaftsbasierte Sichtweise eingeleitet.
Korenjak wurde für seine Arbeiten über die Rolle von Latein in der frühen Wissenschaftsgeschichte in der jüngsten Vergaberunde mit einem Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) ausgezeichnet. Der 45-jährige Latinist beschäftigt sich unter anderem mit Neulatein, dem von circa 1500 bis ins 19. Jahrhundert (und vereinzelt bis heute) verwendeten Latein. „Latinisten sind in der Regel Geisteswissenschaftler, und Naturwissenschaftler können meist nicht Latein“, sagt Korenjak.
Zwei Interessengebiete
Er selbst sei von den Naturwissenschaften fasziniert. In der vom ERC geförderten Forschung kann er nun beide Bereiche verbinden. Gerade die Renaissance und der Humanismus seien in der wissenschaftlichen Literatur eine „Zeit
Nach dem klassischen Latein und dem Spätlatein (ab dem zweiten Jahrhundert) folgte etwa ab dem sechsten Jahrhundert das Mittellatein, das in verschiedenen Regionen eine unterschiedliche sprachliche Entwicklung nahm. Ab dem 15. Jahrhundert spricht man von Neulatein, das von den Schriftstellern der Renaissance begründet wurde. Diese kehrten in ihrer Hinwendung auf die Antike wieder zum klassischen Latein zurück. Das Neulatein reicht bis in die Gegenwart. der Revolution“gewesen. Der Astronom, Arzt und Mathematiker Nikolaus Kopernikus habe ausschließlich in Latein geschrieben, Galileo Galilei verfasste den Großteil seiner Schriften zwar in der Volkssprache (damit die einfachen Handwerker sie auch lesen konnten), seine Hauptwerke aber in Latein. Isaac Newtons „Philosophiae Naturalis Principia Mathematica“wurde erst nach der Erstveröffentlichung vom Lateinischen ins Englische übersetzt, ein anderes
Die Auszeichnung des Europäischen Forschungsrats wird an bereits etablierte Wissenschaftler für ihre Forschungsprojekte vergeben. Die Preisträger erhalten eine Unterstützung von bis zu 2,5 Millionen Euro, wobei die Laufzeit auf fünf Jahre ausgelegt ist. 2016 wurden 647 Millionen Euro an insgesamt 277 europäische Forscher vergeben. Martin Korenjak erhielt den ERC Grant für sein Projekt „Nova Scientia. Early Modern Scientific Literature And Latin“. Hauptwerk, „Opticks“, zwei Jahre nach dem englischen Druck ins Lateinische – damit man die Schrift in ganz Europa lesen konnte.
Carl von Linne´ schrieb im 18. Jahrhundert ausschließlich in Latein, war doch sein eigenes Schwedisch außerhalb des Landes nicht gebräuchlich. Im 19. Jahrhundert verfasste Carl Friedrich Gauss seine Werke sowohl in Deutsch als auch in Latein. Die meisten neulateinischen Texte liegen aus Italien, Frankreich, dem deutschen Sprachraum, England und den Niederlanden vor.
Die Lingua franca war über Jahrhunderte vom Lateinischen geprägt. In der Diplomatie setzte sich im 17. Jahrhundert Französisch durch, in der Wissenschaft behauptete sich Latein bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, sagt Martin Korenjak. Dann folgte eine Epoche ohne übergreifende Lingua franca, in Osteuropa lag im 19. Jahrhundert Deutsch in der wissenschaftlichen Literatur an der Spitze, im 20. Jahrhundert setzte sich aber weltweit das Englische durch.