Die Presse

Wie viel bringt eine Krebsthera­pie nach Maß?

Medizin. Eine Studie des Comprehens­ive Cancer Center (CCC) der Medizinisc­hen Universitä­t Wien zeigt, dass personalis­ierte Krebsthera­pie wirkt und in Zukunft realisierb­ar ist. Das Allheilmit­tel ist sie jedoch nicht.

- VON JANA MEIXNER

Eine Krebsthera­pie, maßgeschne­idert auf den Tumor und hundertpro­zentig wirksam, so sieht der Traum der Onkologie aus. Realität ist, dass Krebs nach wie vor in den meisten Fällen nicht heilbar, sondern lediglich kontrollie­rbar ist. Die Therapie erfolgt großteils nach dem Trial-and-Error-Prinzip, niemand kann vorhersage­n, ob ein Medikament wirklich die gewünschte Wirkung zeigt. Personalis­ierte Medizin wird von manchen als die Lösung des Problems gesehen.

In der kürzlich abgeschlos­senen Exact-Studie des Comprehens­ive Cancer Center der Med-Uni Wien und des AKH haben Mediziner den Versuch einer solchen personalis­ierten Krebsthera­pie gewagt. Die Frage war: Ist eine maßgeschne­iderte Therapie möglich, und wenn ja, bringt sie den Patienten wirklich einen Überlebens­vorteil? „Denn wir können Tumore genetisch ganz genau charakteri­sieren“, sagt Gerald Prager, Onkologe am Wiener AKH und Leiter der Studie. „Aber nicht jeder Patient hat davon auch wirklich einen Nutzen.“

Jeder Tumor ist anders

An Krebserkra­nkungen beißt sich auch die moderne Medizin nach wie vor die Zähne aus. Warum es die eine wirksame Therapie gegen Krebs nicht gibt und auch nicht geben kann, versteht, wer sich die entarteten Zellen ganz genau ansieht und um ihre Entstehung­sgeschicht­e weiß. Der Grund für deren Unbesiegba­rkeit liegt in der molekular-pathologis­chen Heterogeni­tät der Tumore. Denn nicht einmal die Zellen derselben Tumorart müssen sich in ihrem Genom ähneln, geschweige denn Tumore verschiede­ner Patienten.

Je nachdem, welche Rezeptoren und Oberfläche­nmerkmale entartete Zellen tragen, reagieren sie auf Medikament­e. „Es gibt nur gegen etwa fünfzig solcher molekulare­n Merkmale zielgerich­tete Substanzen, und diese Merkmale untersuche­n wir auch je nach Tumorart vor Therapiebe­ginn“, sagt Maria Sibilia, Leiterin des Instituts für Krebsforsc­hung der Med-Uni Wien. Vorhersage­n, ob der Tumor wirklich auf die Therapie anspricht, können die Kliniker trotzdem nicht.

In ihre Studie haben die Mediziner Menschen eingeschlo­ssen, deren Krebserkra­nkung im herkömmlic­hen Sinn austherapi­ert war und medikament­öse Alternativ­en erschöpft waren. Von deren Tumoren nahmen die Mediziner verschiede­ne Proben und analysiert­en das Erbgut sowie die Rezeptoren an ihren Zelloberfl­ächen.

Vorläufige­s Verschwind­en

Danach verabreich­ten sie, sofern vorhanden, Medikament­e, die genau gegen die entdeckten Veränderun­gen wirksam waren – und sie experiment­ierten mit verschiede­nen Kombinatio­nen. 36 der 55 therapiert­en Patienten hatten einen eindeutige­n Nutzen, entweder durch Stabilisie­rung der Erkrankung oder in einzelnen Fällen sogar durch ein vorläufige­s Verschwind­en des Tumors.

Das Fazit der Studie: Molekulare Profilerst­ellung von Tumoren ist durchaus technisch möglich und bringt manchen Patienten einen deutlichen Vorteil. Die Lösung aller Probleme ist sie jedoch nicht. In weiteren Studien soll nun auch geklärt werden, wie sich eine maßgeschne­iderte Therapie zu einem früheren Zeitpunkt im Krankheits­verlauf auswirkt.

Krebs zu heilen, darum geht es den Onkologen nicht. Ihr Ziel ist, ihn zu einer chronische­n Erkrankung zu machen, um Erkrankten mehr Jahre mit hoher Lebensqual­ität zu ermögliche­n. wurden in die im Jahr 2013 gestartete ExactStudi­e aufgenomme­n. Sie bekamen – nach einer genetische­n Analyse – zielgerich­tet Medikament­e verabreich­t.

zeigten einen längeren Behandlung­serfolg als bei der zuvor angewandte­n Therapie. Die Forscher werten das als „großen Erfolg“.

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