Spectrum Austriae
Zum Tod des Historikers Johann Christoph Allmayer-Beck.
Ein Offizier und Gentleman – wohl auf wenige Persönlichkeiten unserer Zeit traf diese Anspielung auf einen amerikanischen Filmtitel besser zu als auf den österreichischen Historiker Johann Christoph (Freiherrn von) Allmayer-Beck, geboren am 19. August 1918. Er starb nach längerer Krankheit am 28. April 2017, fast 99 Jahre alt.
Allmayer-Beck trat 1936 ins Bundesheer ein und besuchte die altehrwürdige Theresianische Militärakademie in Wiener Neustadt, aus der er 1938 – bereits in die deutsche Wehrmacht – ausgemustert wurde. Als junger Artillerieoffizier war er in Polen, Frankreich, der Sowjetunion eingesetzt, befand sich zuletzt als Hauptmann in Ausbildung zum Generalstab. Bei Kriegsende geriet er in US-Kriegsgefangenschaft; schon im Wintersemester 1945/46 begann er das Studium der Geschichte an der Universität Innsbruck, das er in Wien abschloss. Dadurch war er singulär unter Österreichs Historikern: ein Generalstabsoffizier mit Kriegserfahrung, der aber noch in jugendlichen Jahren seine historischen Studien absolvierte und damit die Ausbildung in zwei Disziplinen in einer Person vereinte.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit – zuerst im Kriegsarchiv, dann als Leiter der Militärwissenschaftlichen Abteilung des Verteidigungsministeriums und ab 1965 als Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums – entfaltete er ein reiches schriftstellerisches Schaffen. Bekannt wurden vor allem die von Erich Lessing kongenial illustrierten drei Bände über die österreichische beziehungsweise k. u. k. Armee vom 15. Jahrhundert bis 1914. Weiters sind die Prachtbände „Spectrum Austriae“(1957) und „Imago Austriae“(1963) zu nennen, die sein Freund Otto Schulmeister herausgab und an deren Konzeption Allmayer-Beck maßgeblichen Anteil hatte. Eine Auswahl seiner Aufsätze erschien 2003 unter dem Titel „Militär, Geschichte und Politische Bildung“bei Böhlau. Regelmäßig schrieb er Beiträge im „Spectrum“.
Ein besonderes Anliegen war ihm die Geschichte seiner Familie: Über seinen berühmten Großonkel, den Lehrer Franz Ferdinands und k. k. Ministerpräsidenten Max Vladimir Freiherrn von Beck (1854–1943) verfasste er einst seine Dissertation. Als Alterswerk entstand die Studie über seinen Urgroßvater Anton (Ritter von) Beck (1812–1895), der sich vom Gastwirtssohn aus Südmähren zum Direktor der Staatsdruckerei und „Ministermacher“hochgearbeitet hatte.
Zuletzt gelang es ihm noch, zu seinem 95. Geburtstag seine umfangreichen Kriegserinnerungen zu publizieren – keine Heldenlegende, sondern eine sehr ehrliche und selbstkritische Darstellung, wie er seinen Dienst im Zweiten Weltkrieg erlebt hatte. Der Titel („Herr Oberleitnant, det lohnt doch nicht!“) spielte auf eine Episode an der Ostfront an: Das war die Antwort eines deutschen Soldaten, dem er vorgeworfen hatte, einen gefangenen verwundeten Rotarmisten nicht richtig versorgt zu haben. Für Allmayer-Beck aber wurde dieser Satz zum Symbol dieses Krieges insgesamt.
Dozent Erwin A. Schmidl leitet das Institut für Strategie und Sicherheitspolitik der Landesverteidigungsakademie in Wien.