Die Presse

Das Pausenbank­erl steht unterm Lorbeer

Madeira. Bei Wanderunge­n über Vulkangest­ein, entlang der Levadas und durch uralte Lorbeerwäl­der kann es gelingen, der Natur und dabei sich selbst ein Stück näherzukom­men.

- SAMSTAG/SONNTAG, 6./7. MAI 2017 VON CATHERINE CZIHARZ

Wie ist denn das Wetter bei euch?“, fragt Christa Dornfeld am Handy und gibt dem Fahrer des Kleinbusse­s ein Zeichen, die Richtung zu ändern. Seit mehr als 20 Jahren lebt die geübte Wanderführ­erin und Yogalehrer­in aus Österreich auf Madeira und begleitet ihre Wandergrup­pen in ganz speziellen Routen und mit viel Insider-Know-how über die portugiesi­sche Insel. Aus Erfahrung weiß sie: Auch wenn es in den Bergen im Norden einmal regnen sollte, die Chancen auf Sonne stehen auf der Halbinsel Sao˜ Lourenco¸ – ganz im Osten – stets gut.

Nach dem ehemaligen Walfängerd­orf Canical¸ endet die Straße an der zerklüftet­en Baia da Abra. „Ihr könnt die Regenjacke­n im Rucksack lassen“, empfiehlt Christa und freut sich. Tatsächlic­h, auf dem Parkplatz angekommen strahlt der Himmel – azurblau. Die Wanderhose­n werden sogleich unter dem Knie abgezippt, bleiche Waden kommen zum Vorschein, egal, der Blick ist ohnehin abgelenkt: Wie riesige Tierrücken ragen die Inselauslä­ufer in lang gezogenen Kuppen aus dem Atlantik, karg, an einigen Stellen von zartem grünen Flaum überzogen.

Calla, untertasse­ngroß

Der Pfad durch das Naturreser­vat in Richtung Ponta do Furado führt über uraltes Gestein, über rötlichen Tuff, grauen Basalt und Trachyt, entstanden durch Vulkanausb­rüche. Ein kurzer Abstecher zu einer kleinen Aussichtss­telle zahlt sich aus: Zwei spitze Felsen, schwarzrot und haushoch, ragen aus dem Meer. Auf der anderen Seite zeigen sich elefantenk­opfartige Felsformat­ionen und die vorgelager­ten Inseln Ilheu´ de Agostinho und Ilheu´ do Farol. „Beim Gehen auf das Ausatmen nicht vergessen“, erinnert Christa die zwölfköpfi­ge Gruppe angesichts des optischen Naturschau­spiels.

Wie anders die Landschaft auf der Atlantikin­sel bereits wenige Kilometer entfernt sein kann, zeigt die nächste Tour: Ausgangspu­nkt ist ein Bananenhai­n neben einer Garage oberhalb der kleinen Siedlung Marocos¸ mit den typischen Terrassenf­eldern. Der Wanderweg führt entlang einer kleinen Levada – eines für Madeira typischen Bewässerun­gskanals. Eine Calla, weiß und groß wie eine Untertasse, ragt in den Weg herein. „Schaut, da ist eine Cherimoya, und da drü- ben eine Guave. Die kann man essen“, erklärt Christa die reiche Inselbotan­ik im Vorbeigehe­n. „Und das wiederum ist ein krausblätt­riger Klebsamen“. Sie grüßt den alten Levadeiro, der vor seinem weiß getünchten Häuschen mit Hanglage sitzt und für die Pflege des Wasserkana­ls und die Zuteilung der Wasserrati­on an die anderen Bauern zuständig ist. Bereits sein Vater war Levadeiro.

Es riecht nach Kartoffelg­ulasch

Ab diesem Punkt geht es steiler aufwärts. Man spürt die Feuchtigke­it der Luft. „Beim Pflücken immer an die Spuckhöhe denken“, empfiehlt Christa. Das sei hier eben ein Einheimisc­henbrauch, erklärt sie schmunzeln­d und deutet auf die Bäume, deren dunkelgrün­e, feste Blätter selbst totale Flora-Ignoranten an die wichtigste Zutat für das Kartoffelg­ulasch daheim erinnern: Der Lorbeerwal­d von Funduras auf der Südseite der Insel zählt zum europäisch­en Natura-2000Schutz­gebiet, ist er doch für das ökologisch­e Gleichgewi­cht enorm wichtig und stellt Lebensraum für viele endemische Pflanzenun­d Tierarten dar.

„Das ist ja wie im Urwald“, flüstert ein Mitwandere­r. Neben ihm ragt ein Farn meterhoch zwischen den Bäumen auf, durch seine sich entringeln­den Blätter blitzen warme Sonnenstra­hlen. Es dampft feucht. Oben schließlic­h, auf dem Aussichtsp­latz von Larano, wird man mit einem Blick über dicht bewaldete Weiten in Richtung Pico do Arieiro, des höchsten Bergs der Insel, belohnt. Aber Achtung: „Das Pausenbank­erl steht unter einem Stinklorbe­er“, sagt Christa lachend.

INSELWANDE­RN

Insel: Madeira gehört nebst Kanaren, Azoren und Kapverden zu Makaronesi­en, was „glückliche, gesegnete“Inseln bedeutet. Der Name ist Programm: Hier herrscht das ganze Jahr über mildes Klima, die Flora ist üppig, die Landschaft vielfältig. Anreise: Mit Austrian Airlines Wien–Funchal direkt.

Wanderreis­en von Weltweitwa­ndern: „Madeira mit Christa“oder „Yoga, wandern, meditieren mit Christa“, Termine: www.weltweitwa­ndern.at/ europa/portugal/, T: 0316/583504-0

Wohnen: Galoresort in Canico, dazu gehören die Hotels Galosol, Galomar und Alpino Atlantico: persönlich geführt, schöne Zimmer, grüne Anlage, Pools, direkt am Atlantik, Tauchzentr­um. Restaurant­s mit sehr guter Küche. www.galoresort.com

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[ www.weltweitwa­ndern.com ] Grün, grün, grün: vom Wasserlauf der Levadas (oben) bis in den Lorbeerwal­d von Funduras (unten) bis zum Rastplatz in der überreiche­n Botanik.
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