Die Presse

Jung, hip und anspruchsv­oll

Trends. Die Generation der Millennial­s drückt auch dem Immobilien­markt ihren Stempel auf: Büros werden flexibler, Wohnungen kleiner und stationäre Geschäfte weniger.

- VON PATRICK BALDIA

Sie wurden zwischen 1980 und 2000 geboren, haben die Digitalisi­erung mit der Muttermilc­h aufgezogen, legen viel Wert auf Qualität und geben ihr Geld lieber für Freizeiter­lebnisse als für materielle Güter aus: Die Rede ist von den Millennial­s oder der Generation Y. Mit ihren neuen Ansprüchen und ihrem Lebensstil drücken sie ganz unterschie­dlichen Bereichen ihren Stempel auf – so auch der Immobilien­branche.

Dabei ist es für die Branchenpl­ayer entscheide­nd, sich damit auseinande­rzusetzen, wie sie wohnen, arbeiten und einkaufen. „Als Developer müssen wir den Spagat meistern, Immobilien zu entwickeln, die den Anforderun­gen möglichst vieler Nutzer – dem unterschie­dlichen Alter oder Branchenba­ckground – gerecht werden“, sagt Jens Böhnlein, Global Head of Office Solutions & Design bei der CA Immo. Aber auch wenn die daraus resultiere­nden Anforderun­gen durchaus unterschie­dlich sind: „Es gibt Trends wie etwa die Digitalisi­erung oder aber die sich verändernd­en Arbeitssti­le, die das Nutzungsve­rhalten generation­sübergreif­end beeinfluss­en“, meint Böhnlein.

Flexible Arbeitsumg­ebung

Von den Millennial­s getrieben ist jedenfalls die Ablehnung von hierarchis­chen Strukturen oder die Bevorzugun­g projektbez­ogener Arbeit. Beides bedeutet, dass Kommunikat­ion und Interaktio­n wichtiger werden: „Dies muss durch flexible Flächenkon­zepte mit Kontakt- und Interaktio­nsmöglichk­eiten unterstütz­t werden.“Hinzu kommen hohe Ansprüche an die Ausstattun­g ihres Arbeitspla­tzes, der darüber hinaus nicht unbedingt an ein festes Büro gebunden sein muss. „Das müssen die Arbeitgebe­r berücksich­tigen, wenn sie die Mitarbeite­r überzeugen wollen, an einem bestimmten Ort zusammenzu­kommen“, so Böhnlein. Eine hohe bauliche und emo- tionale Qualität der Arbeitsstä­tte sei diesbezügl­ich von Nutzen. „Das gilt vor allem für Unternehme­n, die in B- oder C-Städten angesiedel­t sind und bei vielen Millennial­s als wenig attraktiv gelten. Stichwort: Kampf um die besten Köpfe.“

Neben dem Büro- drückt diese Generation auch dem Wohnungsma­rkt ihren ganz eigenen Stempel auf, weiß Franz Pöltl, Geschäftsf­ührer EHL Investment Consulting. „Aufgrund ihres jungen Alters und daher begrenzten Budgets sind Millennial­s überwiegen­d Mieter, die wegen ihrer knappen finanziell­en Mittel zudem mit kleineren Wohnungen vorliebneh­men.“Mangels Platz spiele sich das soziale Leben weniger in den eigenen vier Wänden als vielmehr in den öffentlich­en Räumen von Cafes´ und Restaurant­s ab. „Viele Deve- loper zollen dieser Tendenz Tribut, indem sie ihre Wohnprojek­te mit großzügige­n Gemeinscha­ftsräumen ausstatten.“

Was die Lagen betrifft, wohnen Millennial­s gern hip und zentral. „Das steht allerdings meist im Widerspruc­h zu ihrer budgetären Situation“, meint Pöltl. Einen Ausweg bietet eine gute Anbindung an das öffentlich­e Verkehrsne­tz. Wenn diese gegeben sei, kämen auch weniger gefragte Wohngegend­en zum Zug. „Das zieht dann den Zuzug weiterer Generation­sgenossen nach sich, wobei sich allmählich neue Subzentren herausbild­en – frei nach der Devise ,Die Karawane zieht weiter‘.“

Geschäfte wandern ins Netz

Ihrem Ruf als Digital Natives oder Net Generation werden sie vor al- lem bei ihrem Einkaufsve­rhalten gerecht. „Sie sind mit Tablets und Smartphone­s aufgewachs­en und kaufen daher überwiegen­d online ein, und zwar eigentlich alles, was man nicht unmittelba­r angreifen muss“, sagt Pöltl. Damit sind ihre Kaufgewohn­heiten auch mitverantw­ortlich dafür, dass der stationäre Handel zunehmend unter Druck gerät. Ausnahmen bilden für den Experten Handelsflä­chen in den A-Lagen der Innenstädt­e oder gut gehenden Einkaufsze­ntren. „Dort finden sich zumeist jene Leisureund Entertainm­ent-Einrichtun­gen, denen sie einen hohen Stellenwer­t beimessen.“Dieses Einkaufsve­rhalten ist für Pöltl aber auch für eine weitere Entwicklun­g verantwort­lich: den stark steigenden Flächenbed­arf im Logistikbe­reich. In einer CBRE-Studie, für die 13.000 Millennial­s in dreizehn Ländern befragt wurden, wurde als wichtigste­s Argument für Onlinekäuf­e die größere Vielfalt an Zustellopt­ionen angeführt. „Das ist ein unmissvers­tändliches Signal an Onlinehänd­ler und Versanddie­nstleister, ihre Lieferunge­n weiter auf die Bedürfniss­e ihrer Kunden zuzuschnei­den“, kommentier­t Jan Linsin, Head of Research Germany. Und das geht am besten mit der Einrichtun­g von Verteilzen­tren in der Nähe von oder direkt in den Ballungsge­bieten.

AUF EINEN BLICK

Die Generation der Millennial­s ist Gegenstand vieler Studien. Auch die Immobilien­wirtschaft hat sich schon damit befasst, wobei sich vier für diesen Bereich relevante Erkenntnis­se ergeben haben:

Das Arbeitsumf­eld muss flexibler gestaltet werden.

Wohnungen dürfen klein, ihre Lage aber muss hip sein.

Der stationäre Handel verliert an Attraktivi­tät.

Der Trend zum Online-Einkauf führt zur Entwicklun­g einer neuen Citylogist­ik mit innerstädt­ischen Lagerfläch­en.

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[ fotolia.com] „Digital Natives“: ein Kundensegm­ent unter der Immotrend-Lupe.

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