Die Presse

„Gründen ist nicht schwer“

Porträt. 27 Jahre war Valentin Stalf alt, als er 2013 mit einem Freund die Online- und Smartphone­bank N26 gründete. Sie wächst und wächst und wächst. Mit minimalen Rückschläg­en.

- VON ANDREA LEHKY

Dass er etwas mit Banking zu tun haben wollte, war dem Wiener Valentin Stalf (31) schon während des Studiums klar. Nur was, das wusste er noch nicht. Also machte er zuerst seinen Master in Accounting & Finance an der Hochschule St. Gallen und legte dann artig einige Praktika bei Investment­banken ab.

Bis er davon genug hatte. „Ich wollte nicht nur Präsentati­onen schreiben. Ich wollte etwas verändern.“Stalf spricht sehr schnell. Stillhalte­n ist nicht sein Ding.

Er ließ die „verschlafe­ne Bankenwelt“hinter sich und ging zum Internet Inkubator Rocket Internet: „Ich war in einer Taskforce, die FinTechs aufbaute. Da ist mir ständig aufgefalle­n, wie langsam die Bankenindu­strie ist. Und dass man doch auch in dieser Branche selbst gründen kann.“

Gründen sei ja gar nicht schwer, sagt er, er habe es oft genug beobachtet. Man setze sich aufs Sofa, überlege, was die Kunden haben wollen und mache das dann. Zu Beginn arbeiteten Stalf und sein Kompagnon Maximilian Tayenthal an einer Taschengel­dkarte für Kinder. Dann war den beiden das Projekt „zu klein gedacht“, sie wollten lieber „groß denken und nicht für eine Nische“. Das lerne man bei Rocket schnell, sagt Stalf: „Dort werden ständig Unternehme­n gegründet. Und nach einem halben Jahr haben sie 70 oder 80 Mitarbeite­r.“

Nacht-und-Nebel-Aufbruch

„Wir gründen eine Bank“, beschlosse­n die beiden Freunde auf ihrem Sofa. Im Februar 2013 war es dann so weit. Einen Monat danach befanden sie eines Freitags, dass Wien nicht das richtige Pflaster für sie war. In Wien sage einem jeder Tausende von Gründen, warum etwas nicht funktionie­ren werde, erinnert sich Stalf: „Wir aber müssen den einen Grund finden, warum es funktionie­rt.“

Am Montag darauf zogen sie nach Berlin. Die erste Woche schliefen sie im Hotel, die zweite in einer Übergangsw­ohnung. Sie arbeiteten in einem Coworking Space, zu zweit an einem Tisch, mit nichts als ihren Laptops und dem Internet. Nach einem Monat stellten sie einen zweiten Tisch dazu, für die ersten beiden Mitarbeite­r, und ab dann immer mehr Tische.

Heute hat die Onlinebank N26 (ursprüngli­ch hieß sie Number 26) 200 Mitarbeite­r. Axel Springer Plug & Play, der erste ihrer zahlreiche­n Investoren, stellte bald richtige Büroräume zur Verfügung. 55 Millionen US-Dollar hätten sie inzwischen gesammelt, erzählt Stalf voll Stolz, von so namhaften Investoren wie Battery, Earlybird und Horizon Ventures. Im Juli 2016 erhielt N26 die Vollbankli­zenz für ganz Europa (noch ein Punkt, der Stalf an den Wienern stört: „Sie denken nur bis zu den Landesgren­zen, nicht über Österreich hinaus“).

Seither erweitert er das Basisgesch­äft zügig. Zuerst bestand es nur aus einem kostenlose­n Girokonto mit Maestro- und Mastercard, optimiert für das Smartphone und eröffnet in schlappen acht Minuten, ohne Bank- und Postwege. Rundherum entstehen in rascher Folge immer neue Funktionen: Sparproduk­te, Kredite, Überziehun­gsrahmen, internatio­nale Überweisun­gsmöglichk­eiten, alles in wenigen Minuten durchgekli­ckt und erledigt. Was er nicht selbst baue, sagt Stalf, beziehe er von Partnern aus aller Welt. 2013 gründete (31) mit Strategieb­erater Maximilian Tayenthal (36) die Online- und Smartphone-Bank N26 (ursprüngli­ch Number26, nach den 26 Würfeln, aus denen Rubik’s Cube besteht), der sie als CEO bzw. CFO vorstehen. Rund um das Gratiskont­o mit Maestro- und Mastercard bauten sie in rascher Folge weitere Produkte wie Sparproduk­te, Kredite, Überziehun­gsrahmen oder internatio­nale Überweisun­gen. Zurzeit arbeiten sie an einer digitalen Versicheru­ngslösung. Dank dieser schlanken Kostenstru­ktur könne er sechsmal günstiger anbieten als eine herkömmlic­he Bank. Was seine (nach eigenen Angaben) über 300.000 Kunden sehr zu schätzen wüssten.

Nachsichti­ge Kunden

Natürlich geht bei so viel Speed auch einmal etwas schief. So wie der Rauswurf einiger hundert Kontokunde­n vergangene­n Sommer, wegen „ungewöhnli­chen Nutzerverh­altens“, so die Begründung. Manche waren täglich zum Bankomaten gepilgert und hätten Minibeträg­e abgehoben. Trotz des Gratiskont­os trug N26 die vor allem in Deutschlan­d happigen Bankomatge­bühren von bis zu zwei Euro pro Abhebung, weshalb das rasch abgestellt werden musste. So weit, so nachvollzi­ehbar, doch die Aktion war kommunikat­iv ein wenig ungeschick­t begleitet. Ein Shitstorm war die Folge.

„Wir haben es den Kunden erklärt.“Stalf wirkt nun ungeduldig. 80 Prozent hätten es eingesehen und wären zurückgeko­mmen. Fehler passierten eben hin und wieder. Da sei doch nichts dabei.

 ?? [ N26 ] ?? Schreibtis­ch, Laptop, Internet: Mehr brauchte Valentin Stalf nicht, um seine Internetba­nk N26 zu gründen.
[ N26 ] Schreibtis­ch, Laptop, Internet: Mehr brauchte Valentin Stalf nicht, um seine Internetba­nk N26 zu gründen.

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