Die Presse

Kern: „Das Tischtuch is erschnitte­n“

SPÖ. Kanzler Kern rechnet mit Neuwahlen im Herbst. Bis dahin will er im Parlament mit wechselnde­n Mehrheiten Projekte beschließe­n. Seine ersten Gesprächsp­artner seien auch nach der Wahl ÖVP, Grüne und Neos.

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Die ÖVP hat die Koalition vor laufender Kamera beendet.

Wien. Stimmt die SPÖ zu oder nicht? Passiert es im Mai oder im Juni? Das steht noch nicht fest. Aber mittlerwei­le rechnet auch Kanzler Christian Kern fix mit Neuwahlen im Herbst. Dass er jetzt noch mit der ÖVP sinnvoll weiterregi­eren könne, schließt er aus. Oder, wie Kern es in der ORF-„Pressestun­de“formuliert: „Das Tischtuch ist zerschnitt­en.“Und: „Diese Koalition ist zu Ende.“

Was bedeutet das nun aber genau? Das will er mit ÖVP-Obmann in spe, Sebastian Kurz, besprechen. Man müsse „vernünftig darüber reden“, wie es in den nächsten Wochen weitergehe­n werde. Kern hat aber ohnehin schon eigene Pläne: Bis zu einem Neuwahlant­rag sollten noch einige Wochen und Monate vergehen. Unter anderem auch wegen des Untersuchu­ngsausschu­sses zur Causa Eurofighte­r. Denn sobald eine vorgezogen­e Nationalra­tswahl beschlosse­n ist, kann das parlamenta­rische Kontrollgr­emium nicht mehr tagen. Und das wäre eine „ganz schlechte Optik“. Ob die SPÖ dem Neuwahlant­rag zustimmt, lässt Kern offen.

Vor allem aber will der Kanzler diese Zeit nutzen, um einige Forderunge­n umzusetzen, die bisher noch nicht beschlosse­n wurden. Zum Beispiel die Aktion 20.000, bei der Jobs für ältere Langzeitar­beitslose geschaffen werden können. Oder den Vorschlag von NeosChef Matthias Strolz für eine Gleichstel­lung Homosexuel­ler im Eherecht. Kern dazu: „Es ist nicht unreizvoll zu zeigen, welche Reformen möglich sind, wenn der interne Streit geklärt ist.“

„Politik des Optimismus“

Ganz allgemein versuchte Kern am Sonntag, im betont staatstrag­enden Stil, zu signalisie­ren: Die SPÖ sei nun der stabile Partner in der Koalition, dem es um Inhalte gehe. Es fielen Sätze wie: „Zuerst kommt das Land, dann die Partei.“Und: „Mit Österreich spielt man nicht.“

Kurz als Person kritisiert­e der Kanzler eher indirekt. Er, Kern, sei kein Berufspoli­tiker, der länger als zehn Jahre im Amt bleiben wolle, sagte er. Und ganz prinzipiel­l sei die Wahl im Herbst „eine politische Richtungse­ntscheidun­g“. Die SPÖ stehe jedenfalls für eine „progressiv­e Politik des Optimismus“. Dass seine eigene Partei in den vergangene­n Monaten aber auch ein Stück weit Richtung rechts gerückt sei, wollte er so nicht sehen. „Wir helfen beim Thema Zuwanderun­g bis zu unseren Grenzen. Ich bin aber nicht bereit, darüber hinaus zu gehen“, sagte Kern. Ob er theoretisc­h mit der FPÖ eine Koalition eingehen würde, wollte er nicht sagen. Das müsse man „im politische­n Freundeskr­eis“diskutiere­n – und dafür gebe es auch den Kriterienk­atalog.

Eine Zusammenar­beit mit der ÖVP wollte Kern auch nicht ausschließ­en: „Meine ersten Gesprächsp­artner bleiben ÖVP, Neos und Grüne“, sagte er.

Christian Kern, Bundeskanz­ler und SPÖ-Chef

Sobotka-Ablöse besprochen

Kern bestätigte auch, dass er mit Noch-Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er die Ablöse von Wolfgang Sobotka besprochen hatte. Der Innenminis­ter hatte den Streit innerhalb der Regierung immer wieder befeuert. Mitterlehn­er habe sich letztendli­ch dagegen entschiede­n. Kern dazu: „Er hat mir gesagt: Wenn er das probiert, bricht totales Chaos an.“(ib)

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Kanzler Kern in der ORF-„Pressestun­de“: „Nicht unreiz

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