Die Presse

Schwierige­r Start für Seidenstra­ße

China. Der Gipfel zum Pekinger Mammutproj­ekt begann gleich mit einem Eklat. Präsident Xi Jinping will Milliarden in die Wiederbele­bung der antiken Route investiere­n.

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Peking/Pjöngjang. Kim Jong-un hat Peking wieder einmal in Verlegenhe­it gebracht. Der nordkorean­ische Diktator und polternder Schützling Chinas ließ am Sonntagmor­gen einen neuerliche­n Raketentes­t durchführe­n, trotz UN-Sanktionen, trotz Säbelrasse­ln mit den USA. Der Flugkörper stürzte zwischen Südkorea und Japan ins Meer, entgegen ersten Meldungen stellte die Rakete keine Gefahr für Russland dar, wie das Moskauer Verteidigu­ngsministe­rium bekannt gab. Die Pjöngjange­r Provokatio­n platzte gewisserma­ßen in die Eröffnung der Seidenstra­ßenInitiat­ive in Peking herein, wo Präsident Xi Jinping 29 Staats- und Regierungs­chefs um sich scharte, Dutzende Minister und Regierungs­vertreter, UN-Generalsek­retär Antonio´ Guterres, Gesandte des Internatio­nalen Währungsfo­nds sowie der Weltbank.

Aber Nordkorea war nicht der einzige Grund, warum Chinas Mammutproj­ekt einen holprigen Start hinlegte. Eigentlich sollte der zweitägige Seidenstra­ßen-Gipfel mit einer gemeinsame­n Erklärung zu Handelsfra­gen ein Ende finden; aber am Sonntag verkündete­n die europäisch­en Teilnehmer, eine derartige Deklaratio­n nicht unterschre­iben zu wollen. Peking sei nämlich viel zu wenig auf die Vorschläge der Europäer eingegange­n, beispielsw­eise in Transparen­z- und Umweltfrag­en. Insbesonde­re die deutsche Wirtschaft­sministeri­n, Brigitte Zypries, wollte Garantien, dass die künftige wirtschaft­liche Zusammenar­beit auf fairem Wettbewerb basiere. Die Seidenstra­ßen-Initiative – so viel Interesse und Aufmerksam­keit sie auch erhält – ruft bei den Europäern Skepsis hervor. Denn Pekings Vorstoß kann auch so ausgelegt werden: China will seinen globalen Ein- fluss ausbauen. Xi Jinping hingegen betonte am Sonntag, dass die Seidenstra­ßen-Initiative „für alle offen“sei, auch jenen Regionen, die nicht an der historisch­en Route lägen.

Japan untersucht Pjöng jangs Rakete

Peking arbeitet bereits seit 2013 am „One Belt, One Road“-Projekt, wie die Seidenstra­ßen-Initiative offiziell heißt. China stellt für die wirtschaft­liche Zusammenar­beit der teilnehmen­den Länder und für gemeinsame Infrastruk­turprojekt­e 124 Milliarden Dollar in Aussicht. Entlang den antiken Handelsweg­en sollen etwa Häfen und Bahnstreck­en wiederbele­bt werden. In seiner Rede plädierte Xi Jinping dafür, historisch gewachsene und diplomatis­che Rivalitäte­n zu überwinden und den Weg für den neuen Freihandel zu öffnen. Es sei ein „Jahrhunder­tprojekt“.

Starker Befürworte­r der Initiative ist etwa der russische Präsident Wladimir Putin, der ebenfalls in Peking zugegen ist: „Wir brauchen frische Ideen.“Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan,˘ und sein kasachisch­er Amtskolleg­e, Nursultan Nasarbajew, zeigten sich ebenfalls angetan, Guterres sprach von „großem Potenzial“, und der pakistanis­che Premier Nawaz Sharif sieht in dem Gipfel sogar eine „geo-ökonomisch­e Revolution“. Angesichts der offenen Handelsfra­gen mit der EU dank Brexit ist Großbritan­nien dem Projekt gegenüber sehr aufgeschlo­ssen. Man sei „natürliche­r Partner“der neuen Seidenstra­ße, sagte Finanzmini­ster Philip Hammond in Peking.

Xi Jinping betonte in seiner Ansprache auch die Unterschie­de zu den USA, was Kooperatio­nen und Freihandel betreffe: Man habe einen inkludiere­nden Zugang gewählt und wolle eine „harmonisch­e Koexistenz“. Nicht nur US-amerikanis­che Medien sehen den Gipfel als weiteren Schritt Pekings, sich anstelle der USA als globale Führungsma­cht positionie­ren zu wollen. Washington ist mit einer Delegation auch in Peking vertreten.

Trotz der Appelle Xi Jinpings, diplomatis­che Rivalitäte­n endlich zu beenden, war er selbst nicht ganz erfolgreic­h damit. Indien schickte keine Vertreter, da Pakistan anwesend war – und weil China in die Konfliktre­gion Kaschmir investiert. Die USA protestier­ten gegen die Teilnahme einer nordkorean­ischen Delegation.

Nach dem jüngsten Test hat Washington zudem gedroht, die Sanktionen verschärfe­n zu wollen. Japan hat Untersuchu­ngen über den Typ der am Sonntag getesteten Rakete angekündig­t. Es war Pjöngjangs siebenter Test in diesem Jahr. (ag./red.)

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[ Imago ] Projekt Seidenstra­ße neu: Nicht weniger als 29 Staats- und Regierungs­chefs folgten der Einladung Xi Jinpings nach Peking.

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