Als die SPÖ umbenannt wurde – ein Präzedenzfall für die ÖVP?
Neue Volkspartei. Der Außenminister will mit einem neuen Listennamen bei der Nationalratswahl antreten. Aber nur, wenn die Gruppierung als Nachfolgerin der ÖVP anerkannt wird, erhält sie den zweiten Platz am Stimmzettel. Um ihr Geld muss die ÖVP trotz des
Wien. Bei der Wahl will Sebastian Kurz auf Platz eins landen. Auf dem Wahlzettel aber wird er sich mit Platz zwei zufriedengeben müssen, bestenfalls. Denn noch ist unklar, ob die Liste des Außenministers überhaupt jenen Platz auf dem Stimmzettel einnehmen darf, der der alten ÖVP als Zweiter bei der vergangenen Nationalratswahl zustünde. Denn der Neo-Parteiobmann will unter einem neuen Namen antreten: „Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei“.
Im Innenministerium will man nicht beurteilen, ob Kurz der zweite Listenplatz zusteht. „Es bleibt die konkrete Ausgestaltung der Liste abzuwarten“, erklärte ein Ministeriumssprecher. Wobei die Entscheidung über die Listenplätze gar nicht das Ministerium, sondern die neun Landeswahlbehörden treffen müssten, bei denen die Wahllisten einzureichen sind.
Der Name „Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei“allein dürfte noch nicht das große Problem sein, meint ein Kenner der Wahlbehörden. Schon bisher traten Par- teilisten immer wieder mit einem Namenszusatz des Spitzenkandidaten an. So firmierten die Schwarzen etwa in Oberösterreich schon als „ÖVP – Liste LH Dr. Josef Pühringer“. Und auch die Umbenennung der Sozialistischen Partei Österreichs in die Sozialdemokratische Partei Österreichs sorgte bei der Nationalratswahl 1994 nicht dafür, dass die SPÖ Listenplatz eins verlor.
Je mehr man aber ändert, desto schwieriger wird es. So steht bei den Listen auf einem Wahlzettel neben der Langbezeichnung auch eine Kurzbezeichnung, die maximal fünf Buchstaben haben darf. Und auch hier soll Kurz auf die Bezeichnung ÖVP verzichten wollen, stattdessen wird damit gerechnet, dass er als Kurzbezeichnung schlicht seinen Namen, Kurz, auf den Wahlzettel setzen lässt. Das könnte aber dazu führen, dass die Wahlbehörden keine Einheit mehr mit der früheren Wahlliste erkennen.
Andererseits kommt es nicht nur auf den Namen an. So würden die Wahlbehörden auch betrachten, wer für welche Liste Wahlwerbung macht, sagt ein anderer Insider zur „Presse“. Wenn also die ÖVP Werbung für Kurz macht (wovon man getrost ausgehen kann), wäre das wieder ein Argument dafür, Kurz den zweiten Listenplatz zu geben. Daneben wird es auch eine Rolle spielen, inwieweit sich ÖVP-Kandidaten von der vergangenen Nationalratswahl auf der neuen Kurz-Liste wiederfinden.
Unterschiedliche Entscheidungen?
Da es neun Landeswahlbehörden gibt, könnten diese auch zu unterschiedlichen Schlüssen kommen und Kurz’ Partei auf verschiedene Listenplätze reihen. Dann müsste die Bundeswahlbehörde einschreiten und eine einheitliche Entscheidung für Kurz’ Liste in ganz Österreich treffen. In den Wahlbehörden sitzen neben Behördenvertretern vor allem Personen, die von einer Partei nominiert wurden. Die Zusammensetzung der Bundeswahlbehörde richtet sich nach dem Ergebnis der Nationalratswahl 2013, bei den Landeswahlbehörden nach dem jeweiligen Bundeslandergebnis des damaligen Urnengangs.
Sollte Kurz’ Liste nicht als Nachfolger der ÖVP gewertet werden, müsste der zweite Listenplatz am Stimmzettel leer bleiben. So ein Szenario gab es bereits bei der Europawahl 2014, als die Liste von Hans-Peter Martin nicht mehr antrat und Platz drei am Stimmzettel leer blieb. Die Kurz-Liste würde dann als Neuanwärter nur einen der unteren Plätze am Stimmzettel erhalten.
Was die Parteienförderung für die ÖVP betrifft, werde die Kurz-Liste jedenfalls kein Problem sein, meint der Experte für diese Materie, Hubert Sickinger. „Die Sache ist völlig klar, Kurz ist ja designierter ÖVP-Parteiobmann“, sagt Sickinger. Es würde sich also nichts ändern, auch wenn die wahlwerbende Partei (Liste Kurz) dann etwa anders als die politische Partei (ÖVP) heißen sollte.
Die politische Partei ist jene, die nach dem Parteiengesetz beim Innenministerium angemeldet ist. Als wahlwerbende Partei gilt die Liste, mit der man bei der Wahl antritt. Name und handelnde Personen von wahlwerbender und politischer Partei dürfen unterschiedlich sein. Bestimmte Rechtswirkungen knüpfen aber entweder am einen oder am anderen Rechtsbegriff an. Deswegen ist es wichtig zu wissen, welche politische Partei hinter einer wahlwerbenden Partei steht.