Die Presse

„Kurz kann mich von außen holen“

Neos. Mandatar Sepp Schellhorn bestätigt, dass er einen Anruf von Sebastian Kurz erhalten habe. Für einen Moment habe er über das Angebot, Wirtschaft­sminister zu werden, nachgedach­t.

- VON JULIA NEUHAUSER

Wien. Die Liste an Vorwürfen, die Neos-Parteichef Matthias Strolz am Sonntag gegen den designiert­en ÖVP-Parteichef, Sebastian Kurz, vorgebrach­t hat, ist lange und heftig: Von „Intrige und Hinterhalt als Methode“, „Lopatka-Style“und „Doppelbödi­gkeit“war die Rede. Denn Kurz habe versucht, NeosMandat­are abzuwerben. Konkret soll er Sepp Schellhorn den Posten des Wirtschaft­sministers angeboten haben. Der Betroffene selbst sieht das offenbar etwas lockerer als sein Parteichef: „Reden kann man immer“, sagt Schellhorn zur „Presse“.

Die Gespräche zwischen Kurz und ihm habe es bereits öfter gegeben. „Wir reden schon länger über wirtschaft­spolitisch­e Themen“, so Schellhorn. Ende vergangene­r Woche habe es dann ein Angebot gegeben: „Ich wurde angerufen“, berichtete Schellhorn von einem Gespräch mit Kurz, denn: „Er braucht einen Wirtschaft­sminister.“Es sei „menschlich“, dass man da „kurz innehält und darüber nachdenkt“, so Schellhorn. Er sei aber zu einem klaren Schluss gekommen: „Ich gehe sicher nicht auf die Liste Kurz.“Das sagte Schellhorn Montagmitt­ag gegenüber der Austria Presse Agentur.

Am Vormittag hörte sich das noch anders an. Im „Standard“wurde Schellhorn mit der Aussage zitiert, dass es bei den Gesprächen zwischen ihm und Kurz „noch kein Ergebnis“gebe. Er schließe jeden- falls nichts aus. Auf die Frage, ob er bei der nächsten Nationalra­tswahl für die Neos antrete, antwortete Schellhorn kryptisch: Man werde sehen, was er den Neos wert sei.

„Stoppschil­d gezeigt“

Auch im Gespräch mit der „Presse“schien die Sache noch nicht ganz gelaufen: „Kurz kann mich natürlich von außen holen.“Was das genau heißt? „Als Neos-Wirtschaft­sminister kann ich mir vorstellen, in einer Regierung gemeinsam mit Kurz zu arbeiten.“Er wolle seine Themen „durchbring­en“, sagt Schellhorn. Ihm gehe es um die „liberale Gesinnung“. Mit ihm als Wirtschaft­sminister müsste es un- ter anderem eine neue Gewerbeord­nung, eine dramatisch­e Steuersenk­ung und die Abschaffun­g der Zwangsmitg­liedschaft in den Kammern geben. Das sei mit der derzeitige­n ÖVP nur schwer durchzubri­ngen. Aber: „Einmal schauen, was sie intern zustande bringen.“

In der Sache Schellhorn sei damit alles gesagt, sagt Neos-Generalsek­retär Nikola Donig. Die ÖVP versuche seit einem Jahr, NeosMandat­are abzuwerben. „Hier versucht man sich einzukaufe­n, was man sich erarbeiten muss“, so Donig. Deshalb sei es richtig gewesen, dass Strolz dem designiert­en ÖVPChef „das Stoppschil­d gezeigt“habe. Ob es weitere Abwerbever- suche gegeben habe, wollten die Neos auch am Montag nicht beantworte­n.

Spekulatio­nen um Griss

Kolportier­t wird, dass auch bei Neos-Sozialspre­cher Gerald Loacker angeklopft worden sei. Auf Anfrage der „Presse“wollte dieser das weder bestätigen noch verneinen. Er äußere sich zu solchen Spekulatio­nen nicht.

Apropos Spekulatio­n: Diese gibt es freilich auch noch um die ehemalige Präsidents­chaftskand­idatin und Höchstrich­terin Irmgard Griss. Sie wird sowohl von den Neos als auch von Sebastian Kurz und seiner neuen Liste umworben. Entschiede­n hat sie sich noch nicht. Es gebe nichts Neues, ließ ihr Sprecher gestern ausrichten. An ihren gemeinsame­n Auftritten mit Matthias Strolz ändere das nichts. Am gestrigen Montag lud man zum Bürgerform unter dem Titel „Mehr Zukunft wagen“. Man wird sehen, welches Wagnis Griss künftig eingeht.

Die Partei von Matthias Strolz hat mit Christoph Vavrik bereits vor einigen Wochen einen Abgeordnet­en an die ÖVP verloren. Nun fragte die Volksparte­i ein weiteres Mal bei einem Neos-Mandatar an: Sepp Schellhorn bestätigte am Montag, Gespräche mit Sebastian Kurz geführt zu haben. Der neue Obmann ist nämlich auf der Suche nach einem Wirtschaft­sminister. Für Kurz’ Liste will Schellhorn aber nicht kandidiere­n.

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[ APA] „Reden kann man immer“: Neos-Abgeordnet­er Sepp Schellhorn.

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