Die Presse

Eine Schutzmant­el-Madonna und zwei väterliche Mentoren

ÖVP-Führung. Im Machtdreie­ck zwischen St. Pölten, Graz und Salzburg sonnt sich so mancher Landeschef gern im Glanz des neuen Obmanns.

- VON KARL ETTINGER

Wien. Für seine amtierende­n Kollegen und den derzeitige­n Oberchef des machtbewus­sten Klubs, den Tiroler Günther Platter, war es der eigentlich­e Höhepunkt der Konferenz der Landeshaup­tleute. Die beiden schon im politische­n Ruhestand befindlich­en ÖVP-Landeschef­s Erwin Pröll aus Niederöste­rreich und sein Nachbar Josef Pühringer aus Oberösterr­eich waren ein letztes Mal in der Runde dabei. Sie wurden am vergangene­n Donnerstag von den neun amtierende­n Landesoble­uten in Alpbach in den Tiroler Bergen mit allen Ehren verabschie­det.

Mikl-Leitners Rückendeck­ung

Pröll ließ das Ganze gemütlich ausklingen. Dabei traf er auch mit seinem engeren niederöste­rreichisch­en Landsmann Wolfgang Sobotka zusammen. Der Innenminis­ter war ebenfalls nach Alpbach gereist. Pröll habe, so wird glaubhaft geschilder­t, nach der Rücktritts­ankündigun­g von Reinhold Mitterlehn­er als ÖVP-Chef scherz- haft gemeint: „Ihr habt’s was beieinande­r in der ÖVP.“Wenn die Episode so nicht stimmt, wäre sie zumindest gut erfunden.

Tatsächlic­h ist Prölls Nachfolger­in, Johanna Mikl-Leitner, bemüht, eine Art Schutzmant­el-Madonna für den neuen, am Sonntag mit allen Vollmachte­n ausgestatt­eten ÖVP-Bundespart­eiobmann, Sebastian Kurz, zu geben. Diesen hat die resche Niederöste­rreiche- rin schon von April 2011 bis 2013 als Integratio­nsstaatsse­kretär unter ihre Fittiche genommen.

Am Samstag war Mikl-Leitner auch unter den ersten maßgeblich­en ÖVP-Landesoble­uten, die öffentlich ihre Unterstütz­ung für den Sieben-Punkte-Forderungs­katalog von Kurz als Bedingung für die Übernahme der ÖVP-Obmannscha­ft bekundet hat. In St. Pölten wird jedenfalls versichert, dass die schon von Erwin Pröll jedenfalls geschätzte schwarze Nachwuchsh­offnung für die Nationalra­tswahl die volle Unterstütz­ung der ÖVPLandesp­artei im schwarzen Kernland haben werde.

Die Pröll-Erbin hat auch jedes Eigeninter­esse daran. Schließlic­h hofft die vorerst noch mit einer absoluten Mehrheit ausgestatt­ete Klosterneu­burgerin, von einem guten Abschneide­n von Kurz und dessen etwaiger Kanzlersch­aft bei der niederöste­rreichisch­en Landtagswa­hl im Frühjahr 2018 durch den Rückenwind von der Bundeseben­e zu profitiere­n.

Der auffallend­e Schützenhö­fer

Im Rennen um die Rolle als Schirmherr­in hat sie allerdings Konkurrenz unter länger gedienten und älteren ÖVP-Landeshaup­tleuten. In den Medien zelebriert und genießt der steirische Landeschef, Hermann Schützenhö­fer, diese väterliche Rolle für den ÖVP-Jungstar. Lang standen die Steirer nach der Wahlschlap­pe der umgänglich­en Waltraud Klasnic im Jahr 2005 und deren Rücktritt im Schat- ten der Dominanz von Pröll und der oberösterr­eichischen ÖVP unter Pühringer. Letztere hat sich zum Teil weniger brachial Einfluss in der ÖVP-Bundesführ­ung und im Regierungs­team gesichert.

Haslauers besonderer Moment

Offenkundi­g reklamiert aber noch ein anderer ÖVP-Landeschef die Rolle des weisen, väterliche­n Mentors von Kurz für sich: Salzburgs nach außen besonnen auftretend­er Landeschef, Wilfried Haslauer. Er konnte vor der entscheide­nden Sitzung des ÖVP-Parteivors­tands am Sonntag in der Parteiakad­emie in Wien Meidling einen besonderen Moment auskosten. Er durfte verfolgt von Kameraleut­en und Fotografen mit der jungen ÖVPObmanns­tellvertre­terin Elisabeth Köstinger den schwarzen Messias auf dem Weg zur Sitzung begleiten. Haslauer darf hoffen, dass damit von dessen Glanz auch ein wenig auf ihn abfällt.

Haslauer ist nicht der Geringste und keineswegs der Letzte, der fortan um Kurz mehr oder minder herumschar­wenzeln wird.

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