Straßburger Straßenbahn, Endstation Zuversicht
Vielleicht
war es die Sonne über den Ardennen, vielleicht die rasante Effizienz der Fahrt mit dem TGV von Brüssel, durch fruchtbare Frühlingsackerlandschaften: Meinen ersten Besuch des Europäischen Parlaments in Straßburg seit fast fünf Jahren trat ich am Montag mit gehöriger Zuversicht an. Und auch die knapp 30-minütige Fahrt mit der Straßenbahn der Linie E, von meinem Hotel nahe des Lycee´ Couffignal zum Parlament, ist ein Streifzug durch ein Frankreich, in dem die Dinge nicht so schlecht stehen, wie sie in der politischmedialen Erregungsküche hochgeschäumt werden.
An ihrem Ausgangspunkt – Garagen, Müllentsorgungsanlage, Lagerhallen – sind die Straßen sauber, gehen Kinder und Jugendliche aller möglicher Herkunftsländer von der Schule nach Hause, ohne zu randalieren, kann man in der Pizzeria „De Nico“auch lokale Flammkuchen essen, sollte man sich kulturell überrannt fühlen. Mitten in der Stadt, nahe der Haltestelle Winston Churchill, werden auf der Halbinsel Andre´ Malraux rund um die gleichnamige Mediathek Büros, Ateliers und Studentenwohnungen gebaut; nebenan, beim Pont du Danube, entstehen nachhaltige Wohnungen. Nahe der Place de la Republique´ gibt es seit zehn Jahren das Musee´ Tomi Ungerer, ein prächtiges internationales Zentrum für Illustrationen auf der Grundlage von rund 11.000 Werken, die der große Zeichner seiner Heimatstadt überließ. In den Straßen viele junge Menschen, gepflegte Parkanlagen, Stadtfeste (das jährliche, dem Spargel gewidmete, habe ich leider verpasst), und in der Bibliothek lockt eine große LutherAusstellung. Beim Aussteigen vor dem Parlament bin ich verdutzt: Da standen doch vor fünf Jahren noch Häuser und Lagerhallen! Doch auch hier wird gebaut, Wohnungen und Büros schießen empor. Sieht so eine Stadt im Niedergang aus? Ich bezweifle es. „Stärker als das Schwert ist mein Geist“, ist ins Portal der Straßburger Synagoge gemeißelt. Das würde sich auch als Leitmotiv für ganz Europa anbieten.