Die Presse

Ein Saitenriss und plakative Märchen

Gergiev und seine Münchner gaben sich lautstark, ein junger Solist kämpfte mit der Tücke des Objekts.

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Dass Münchner Orchester gern nach Wien kommen, hängt nicht zuletzt mit den Konzertsäl­en zusammen, die hier ungleich besser sind als die, die sie zu Hause vorfinden. Da hat man auch Verständni­s, wenn die Münchner Philharmon­iker die Akustik des Musikverei­nssaals extensiv ausreizen. Selbst wenn ein Werk wie Rimskij-Korsakows auf Märchensto­ffen basierende „Scheheraza­de“zwar auch – aber eben nicht nur – auf große Wirkung abzielt. Doch sogar der Konzertmei­ster, Sreten Krstic,ˇ setzte vornehmlic­h auf kräftige Akzente und die Zurschaust­ellung souveräner Technik.

Was wohl der Absicht seines Chefdirige­nten, Valery Gergiev, entsprach, der ebenfalls ein besonderes Faible für plakative, zuweilen kräftig auftrumpfe­nde Effekte zur Schau trug. Allerdings hätte es eines homogenere­n, brillanter­en Orchesters bedurft, um diesen Interpreta­tionsansat­z mit dem offensicht­lich beabsichti­gten Glanz zu erfüllen.

Trotzdem beeindruck­te diese Darstellun­g ungleich mehr als zuvor Ravels „Tombeau de Couperin“, das man sich transparen­ter, eleganter und genauer phrasiert gewünscht hätte.

Den meisten Beifall gab es für den 23-jährigen rumänische­n Cellisten Andrei Ioni¸ta,˘ Tschaikows­ky-Preisträge­r 2015. Obwohl er nur wenige Minuten auf seinem kostbaren Rogeri-Cello aus dem Jahr 1671 bei Tschaikows­kys „Rokoko-Variatione­n“zeigen konnte, was in ihm steckt. Nach einem Saitenriss musste er sich das Instrument eines Orchesterm­usikers ausborgen. Immerhin: Respekt für den Mut, es dennoch versucht zu haben. (dob)

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