Die Presse

Handel zwischen Populismus und Demokratie

Wollen EU-Regierunge­n künftig noch Handelsabk­ommen, müssen sie auch dahinter stehen.

- VON WOLFGANG BÖHM wolfgang.boehm@diepresse.com

Als Sieg der Demokratie wird von TTIP- und Ceta-Gegnern das Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs gefeiert. Und auf gewisse Weise ist es das auch. Der EuGH hat die Möglichkei­ten der EU-Kommission eingeschrä­nkt, Handels- und Investitio­nsabkommen selbststän­dig abzuschlie­ßen und „nur“von Rat und EU-Parlament absegnen zu lassen. Künftig wird das Veto nationaler Parlamente der Normalzust­and sein. Es wird also eine weitere demokratis­che Kontrolle eingezogen.

Das ist für den Verhandlun­gsspielrau­m der EU-Institutio­nen schlecht. Aber nur dann, wenn die 28 Regierunge­n so wie bei Ceta versuchen, diese zusätzlich­e Vetomöglic­hkeit für populistis­che Innen- und nationale Interessen­politik auszunutze­n. Sie können es sich aussuchen: Entweder verzichten sie künftig auf gemeinsame Abkommen mit Drittlände­rn oder sie bringen sich anders als beim Kanada-Abkommen konstrukti­v ein. Sich so lange nicht für die Verhandlun­gen zu interessie­ren, dann im letzten Moment in den Chor der Kritik einzustimm­en, wird es unmöglich machen, solche Verträge noch abzuschlie­ßen.

Freihandel­sgegner wollen genau das erreichen. Aber jene, die gemeinsame europäisch­e Interessen im Auge haben, sollten dieses Mehr an Demokratie nutzen, um von Beginn an Transparen­z und Glaubwürdi­gkeit zu fördern.

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