Die Presse

Wie „smart“ist Wien wirklich?

Ranking. Wien holte im Smart-City-Ranking weltweit den ersten Platz – wenn auch mit einigen Schönheits­fehlern. Doch ist der überstrapa­zierte Begriff „smart“mehr als ein Marketingm­ascherl?

- VON ANNA THALHAMMER

Wien. Smartphone, Smartwohnu­ngen, smarte Technologi­en und nun wurde Wien in einem SmartCity-Ranking auch noch zur weltweiten Nummer eins gekürt. Der Begriff „smart“ist ein viel strapazier­ter, der gerne im Stadtmarke­ting eingesetzt wird. Seine Bedeutung ist freilich schwammig. Landläufig assoziiert man damit vorausscha­uende, technologi­sche Innovation­en und einen maximal effektiven Umgang mit Ressourcen.

Was bedeutet es nun aber, wenn Wien zur weltweit besten Smartcity gekürt wird? Ist es mehr als nur ein Marketings­chmäh?

Viele Plus, einige Minus

Das Ranking wurde 2017 erstmals von der weltweit agierenden deutschen Unternehme­nsberatung Roland Berger durchgefüh­rt. Ob eine Stadt eine „Smart-City“ist, hängt in erster Linie davon ab, ob sie eine sogenannte Smart-City-Strategie hat. Eine solche haben sich weltweit bisher 87 Städte verordnet, knapp die Hälfte davon in Europa – und es werden laufend mehr.

Roland Berger hat nun bewertet, wie gehaltvoll diese Strategien sind – denn meist sind die dort definierte­n Ziele Zukunftsmu­sik. Wien etwa, hat die Erreichung der dort formuliert­en Ziele auf 2050 gesetzt – die Strategie wurde 2014 beschlosse­n und wurde für das Ranking nach drei Parametern bewertet: Erstens die systematis­che Planung und Budgetieru­ng, zweitens wurden unterschie­dlichste Anwendungs­felder beleuchtet, von Energie, über Mobilität, Bildung und Gesundheit bis zu Bildung. Die dritte Kategorie widmet sich der IT-Infrastruk­tur der Stadt.

In der Wertungska­tegorie eins holte Wien auch gleich Minuspunkt­e: Denn die Stadt hat zwar große Ziele – allerdings kein Budget für deren Erreichung erstellt. Auch bei der Koordinier­ung sieht die Unternehme­nsberatung Nachholbed­arf. „Wir haben kein eigenes Budget und keine eigenen Verantwort­lichkeiten, weil wir jedes Projekt, das in Zukunft angegangen wird, nach dieser Strategie ausrichten wollen“, argumentie­rt Finanzstad­trätin Renate Brauner (SPÖ) gegenüber der „Presse“. Und: „Die Strategie ist nicht nur eine technische, sondern auch eine politische. Wenn wir das gut umsetzen, können alle davon pro- fitieren und es wird für sozialen Wohlstand sorgen.“

Was die Anwendungs­felder betrifft, bekam Wien teils sehr gute Wertungen – etwa in den Bereichen Bildung, Gesundheit und „Open Government“.

Einige Leuchtturm­projekte der Stadt wurden herausgest­richen, etwa die Bildungsin­itiative „Digital City. Wien“, mit der Kinder für IT begeistert werden sollen oder auch das Virtuelle Amt, das es bereits seit 1998 gibt.

Hochintell­igente Häuser

Bei den Bereichen Mobilität, Energie, Umwelt und Wohnbau gab es dafür aber Abstriche – denn momentan ist die von der Stadt vielfach beworbene Smart-Wohnung dann doch oft einfach nur eine kleine Wohnung mit einem gut klingenden Namen.

„Intelligen­tes Wohnen bedeutet auch, dass die Gebäude selbst hochtechno­logisch sind“, sagt Roland Falb, Managing Partner von Roland Berger. Besonders herausgest­ochen sei dabei das Wiener Forschungs­projekt „Smart Cities Demo Aspern“, das von Siemens, Wien Energie und der Stadt Wien gestartet wurde. Dort wurden ei- nige Gebäude eben mit Technologi­en ausgerüste­t, die unter anderem Daten über den Energiebed­arf der Bewohner detaillier­t sammeln – und die Häuser können darauf reagieren.

In der dritten Kategorie, der ITInfrastr­uktur, bekam Wien dafür Bestnoten: In den letzten drei Jahren sind Hunderte WLAN-Hotspots entstanden – die Stadt ist mittlerwei­le zum europaweit drittgrößt­en Standort für IT-Unternehme­n angewachse­n. Die Wertschöpf­ung daraus ist mittlerwei­le höher als die aus dem Tourismus.

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[ Clemens Fabry] In der Seestadt Aspern gibt es innovative Forschungs­projekte, die Pluspunkte im „Smart City“-Ranking brachten.

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