Vom Glauben und Träumen in bewegten Zeiten
Was Ökostromprognosen und Staatsreformen miteinander zu tun haben.
In zehn Jahren werden 60 Prozent der neu zugelassenen Pkw mit Strom fahren, Elektrizität wird die wichtigste Heizenergieform sein und das Ganze wird betrieben mit hundert Prozent in Österreich erzeugtem Ökostrom, hat die Energieagentur bei einer Umfrage unter „Vertretern aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft“herausgefunden.
Weil sich über Glaubensdogmen (und dazu gehören viele Prognosen aus dem Öko-Bereich) nicht diskutieren lässt, glauben wir das jetzt einfach einmal so. Reden wir in 10 Jahren wieder darüber (vor allem über den dritten Punkt).
Am besten an einem windstillen, nebeligen Novemberabend gegen 18 Uhr, wenn alle von der Arbeit (falls es die dann noch gibt) nach Hause kommen, das E-Auto an die Ladebuchse hängen und die zu 100 Prozent mit heimischem Ökostrom betriebene Haus-E-Heizung sowie den E-Herd anwerfen – während alle Windräder still stehen und die Solarzellen ihre verdiente Pause machen. Könnte schnell romantisch werden, so bei Kerzenlicht. A ber gut, träumen wird man wohl noch dürfen. Wir zum Beispiel träumen jetzt davon, dass sich nach dem Platzen der Groko eine Regierungskonstellation findet, die endlich den lähmenden Reformstillstand im Land durchbricht, der vor allem Unternehmen immer stärker zu schaffen macht.
Die Chance, dass das passiert, ist allerdings ungefähr so groß wie jene, dass am oben erwähnten nebeligen Novemberabend zu hundert Prozent österreichischer Ökostrom aus der Steckdose kommt. Derzeit wissen wir nicht einmal exakt, was die drei chancenreichsten Parteien überhaupt vorhaben.
Gut, die SPÖ hat den Kern‘schen Plan A. Da stehen vernünftige Dinge drinnen und auch weniger vernünftige. Aber wirklich strukturelle Reformansätze sind nicht zu finden. Die FPÖ hat angeblich ein Wirtschaftsprogramm. Und jenes der ÖVP ist jetzt wohl Makulatur. Der Neue an der Spitze muss ja erst kommunizieren, was er da wirklich vorhat. Blöd, irgendwie. Denn glauben und hoffen allein ist ja noch keine gute Wahl-Entscheidungsgrundlage.