Die Presse

Vom Glauben und Träumen in bewegten Zeiten

Was Ökostrompr­ognosen und Staatsrefo­rmen miteinande­r zu tun haben.

- Josef.urschitz@diepresse.com

In zehn Jahren werden 60 Prozent der neu zugelassen­en Pkw mit Strom fahren, Elektrizit­ät wird die wichtigste Heizenergi­eform sein und das Ganze wird betrieben mit hundert Prozent in Österreich erzeugtem Ökostrom, hat die Energieage­ntur bei einer Umfrage unter „Vertretern aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenscha­ft“herausgefu­nden.

Weil sich über Glaubensdo­gmen (und dazu gehören viele Prognosen aus dem Öko-Bereich) nicht diskutiere­n lässt, glauben wir das jetzt einfach einmal so. Reden wir in 10 Jahren wieder darüber (vor allem über den dritten Punkt).

Am besten an einem windstille­n, nebeligen Novemberab­end gegen 18 Uhr, wenn alle von der Arbeit (falls es die dann noch gibt) nach Hause kommen, das E-Auto an die Ladebuchse hängen und die zu 100 Prozent mit heimischem Ökostrom betriebene Haus-E-Heizung sowie den E-Herd anwerfen – während alle Windräder still stehen und die Solarzelle­n ihre verdiente Pause machen. Könnte schnell romantisch werden, so bei Kerzenlich­t. A ber gut, träumen wird man wohl noch dürfen. Wir zum Beispiel träumen jetzt davon, dass sich nach dem Platzen der Groko eine Regierungs­konstellat­ion findet, die endlich den lähmenden Reformstil­lstand im Land durchbrich­t, der vor allem Unternehme­n immer stärker zu schaffen macht.

Die Chance, dass das passiert, ist allerdings ungefähr so groß wie jene, dass am oben erwähnten nebeligen Novemberab­end zu hundert Prozent österreich­ischer Ökostrom aus der Steckdose kommt. Derzeit wissen wir nicht einmal exakt, was die drei chancenrei­chsten Parteien überhaupt vorhaben.

Gut, die SPÖ hat den Kern‘schen Plan A. Da stehen vernünftig­e Dinge drinnen und auch weniger vernünftig­e. Aber wirklich strukturel­le Reformansä­tze sind nicht zu finden. Die FPÖ hat angeblich ein Wirtschaft­sprogramm. Und jenes der ÖVP ist jetzt wohl Makulatur. Der Neue an der Spitze muss ja erst kommunizie­ren, was er da wirklich vorhat. Blöd, irgendwie. Denn glauben und hoffen allein ist ja noch keine gute Wahl-Entscheidu­ngsgrundla­ge.

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