Die „Wachstumsparty“geht weiter
Europa. Seit Jahren waren die Zahlen in der Eurozone nicht mehr so gut. Sogar die schwach wachsenden USA konnten abgehängt werden. Österreich liegt beim Wachstum im EU-Schnitt.
Wien/Brüssel/Berlin. In der Eurozone sind die Zahlen weiterhin gut. Die Wirtschaftsleistung (BIP) ist von Jänner bis März erneut um 0,5 Prozent zum Vorquartal gestiegen. Damit ist das Wachstum in Europa inzwischen doppelt so hoch wie in den USA, wo die Wirtschaft im selben Zeitraum nur um 0,2 Prozent gewachsen ist. Hochgerechnet würde das Wachstum in der Eurozone heuer nach vier Quartalen wieder zwei Prozent erreichen.
Die Analysten sparen nicht mit Superlativen. „Die Wachstumsparty hält also an“, sagte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger. „Alles in allem kommt der Aufschwung mittlerweile gefestigt daher.“Am besten ins Jahr gestartet ist Finnland: Hier legte die Wirtschaftsleistung um 1,6 Prozent zu. Von den vier großen Euro-Ländern gelang Spanien mit 0,8 Prozent das kräftigste Wachstum, gefolgt von Deutschland mit 0,6 Prozent. Österreich liegt mit 0,5 Prozent voll im EuroSchnitt.
Frankreich kommt auf 0,3 Prozent und Italien auf 0,2 Prozent. Lediglich in Griechenland schrumpfte nach den bisher vorliegenden Daten das Bruttoinlandsprodukt, wenn auch nur um 0,1 Prozent. Da es bereits im Vorquartal ein Minus gegeben hatte, steckt das Land wieder in der Rezession. Freilich: Bei der Prognose traut man sich in Brüssel noch nicht, das aktuelle Wachstum auch bis bis Jahresende zu extrapolieren. Aber: Die EU-Kommission hat vorige Woche ihre Wachstumsprognose 2017 für die Euro-Zone angehoben, und zwar von 1,6 auf 1,7 Prozent. Die Exporte sollen angesichts der besseren Weltkonjunktur stärker zunehmen als 2016.
Die Eurozone hat im März 2017 einen Überschuss von 30,9 Mrd. Euro im Warenverkehr mit der restlichen Welt erzielt, gegenüber 28,2 Mrd. Euro im März 2016. Die Exporte sind im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent angewachsen. Österreich exportierte im ersten Quartal 2017 Waren im Wert von 37,3 Mrd. Euro in die restliche Welt, ein Plus von elf Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2016. Die Einfuhren nahmen um acht Prozent auf 38,2 Mrd. Euro zu. Auch der private Konsum dürfte ungeachtet der höheren Inflation anziehen, wenn auch nicht mehr so stark. Zudem dürften die Unternehmen mehr investieren.
Wann bewegt sich die EZB?
Damit steigt allerdings auch der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB), angesichts der guten Konjunkturaussichten und der höheren Inflation allmählich einen Einstieg in den Ausstieg aus ihrer extrem lockeren Geldpolitik zu signalisieren. Die EZB pumpt monatlich 60 Mrd. Euro in die Märkte, indem sie Staatsanleihen und andere Wertpapiere kauft. Gleichzeitig hält sie die Zinsen auf einem historischen Tiefststand von null Prozent und verlangt von Banken sogar Strafzahlungen, wenn diese Geld bei der Notenbank bunkern statt es als Kredite in die Wirtschaft zu vergeben. Die EZB beobachtet für ihre Geldpolitik allerdings ausschließlich das Preisniveau, also die Inflationsrate. Erst wenn diese in der Eurozone bei zwei Prozent angekommen ist, will sie an der Zinsschraube drehen. Bis Ende dieses Jahres sollen die Anleihenkäufe auslaufen. Dann wäre auch der Weg frei für allmähliche Zinsschritte. Die meisten Ökonomen erwarten aber keine Bewegung der Zinsen bis in die zweite Hälfte des Jahres 2018.
„Für Europa gibt es gute Gründe, optimistisch in die Zukunft zu blicken“, sagte Jörg Zeuner, der Chefvolkswirt der deutschen Förderbank KfW. „Die gute Stimmung in den Unternehmen spricht dafür, dass die Dynamik des Aufschwungs anhält.“Allerdings müsse die Politik jetzt ihre Hausaufgaben erledigen und das Fundament der Euro-Zone festigen. „Mit der Wahl Emmanuel Macrons zum französischen Präsidenten bietet sich eine Chance, die man nicht ungenutzt verstreichen lassen sollte“, sagte Zeuner.
Von der besseren Lage in der Euro-Zone profitiert auch deren größte Volkswirtschaft Deutschland. Das Barometer für die Konjunkturerwartungen von Börsenprofis im kommenden halben Jahr stieg im Mai um 1,1 auf 20,6 Punkte und damit auf den höchsten Stand seit fast zwei Jahren. (jil/ag.)