Easyjet schockt Anleger
Luftfahrt. Die Billig-Airline macht unerwartet hohen Verlust, setzt ein Sparprogramm auf und winkt bei Alitalia ab. Die Aktie verliert kräftig.
London. Eine Billig-Airline ist auch kein Garant für satte Gewinne. Das aktuellste Beispiel: Die britische Easyjet spürt den harten Konkurrenzkampf. In den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres, die die traditionell verkehrsschwache Zeit umfassen, verzehnfachte sich der Verlust vor Steuern nahezu auf 212 Mio. Pfund (247 Mio. Euro).
Dazu hat nicht nur das schwache britische Pfund beigetragen, sondern auch die verstärkte Konkurrenz und die damit verbundenen Überkapazitäten im BilligSektor, betonte Airline-Chefin Carolyn McCall. Neben Ryanair sind das vor allem die Lufthansa-Tochter Eurowings, Norwegian und die ungarische Wizz Air. Einer aktuellen Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zufolge hat ein einfaches Ticket innerhalb von Europa im Winterhalbjahr im Schnitt zwischen 44 und 105 Euro gekostet. Vor einem Jahr musste man noch 64 bis 107 Euro hinblättern.
Allein ab Deutschland erreichte das Streckennetz der Low-CostCarrier mit 518 unterschiedlichen Strecken einen neuen Höchstwert, sagt dazu Studienleiter Peter Berster. Ryanair habe die Zahl der Verbindungen um ein Viertel, Rivale Easyjet um elf Prozent gesteigert. Mittlerweile sind dem DLR zufol- ge gut 23 Prozent aller Flüge ab Deutschland Low-Cost-Verbindungen. Damit hinkt der deutsche Markt aber hinterher: europaweit sind es 29 Prozent. Und Frankfurt ist nach wie vor fest in der Hand der traditionellen Airlines. Dort fliegen erst ein Prozent der Passagiere mit Billig-Airlines. Zum Vergleich: In Wien kamen im Vorjahr die strauchelnde Air Berlin und ihre Tochter Niki auf einen Marktanteil von 15,4 Prozent. Das größte Wachstum verzeichneten in Wien Easyjet mit 87 Prozent vor Eurowings (plus 44,6 Prozent) und der spanischen Billiglinie Vueling (42,4 Prozent). Easyjet-Chefin McCall will nun an der Kostenschraube drehen. Sie will größere Flugzeuge kaufen, um zu sparen. Konkret will die britische Fluggesellschaft 30 AirbusMaschinen vom Typ A321neo bestellen statt 30 des kleineren A320neo. Das soll die Kosten um acht bis neun Prozent drücken.
Eine Übernahme der angeschlagenen Rivalen Air Berlin und Alitalia schließt McCall jedoch definitiv aus. Sie hofft zwar auf eine Konsolidierung der Branche, was auch die Überkapazitäten reduzieren würde. Selbst werde Easyjet dabei aber nicht mitmischen: „Wir werden Alitalia nicht kaufen und wir werden auch Air Berlin nicht kaufen“, sagte McCall bestimmt.
Und sie hält trotz des überraschend hohen Verlustes an den Zielen für das bis Ende September laufende Geschäftsjahr fest. Der Grund für den Optimismus: langsam zeichnet sich eine Stabilisierung der Ticketpreise ab.
Die Anleger bleiben skeptisch: Die Easyjet-Aktie verlor am Dienstag bis zu sechs Prozent. Das Papier hat schon bessere Zeiten gesehen: Betrachtet man die vergangenen 16 Monate, so erreichte die Aktie Anfang 2016 ein Hoch bei 1762 Pence. Nach einem jähen Sturz zu Jahresmitte ging es ab Februar 2017 aber wieder nach oben.