Die Presse

„Standard“braucht neuen Chef

Medien. Alexandra Föderl-Schmid verlässt nach 27 Jahren die Tageszeitu­ng. Die Nachfolge ist noch offen. Die Redaktion hat Sorge, dass die Printausga­be langfristi­g in Gefahr ist.

- VON ANNA-MARIA WALLNER

Sie ist fast so lange für den „Standard“tätig, wie es ihn gibt. Nach 27 Jahren verlässt die gebürtige Mühlviertl­erin Alexandra Föderl-Schmid die Zeitung, wie der Verlag am Dienstag in einer Aussendung bekannt gab. Zuvor waren die Ressortlei­ter persönlich, die restlichen Mitarbeite­r per Rundmail informiert worden. Ab 1990, also zwei Jahre nachdem Gründer Oscar Bronner das Blatt in Wien aufgebaut hatte, begann Föderl-Schmid in der Oberösterr­eich-Redaktion. Drei Jahre später wurde sie Korrespond­entin in Berlin und Brüssel, 2006 übernahm sie das Wirtschaft­sressort und wurde kurz darauf, im Juli 2007, mit 36 Jahren erste Chefredakt­eurin des „Standard“– und über- haupt erste Chefredakt­eurin einer österreich­ischen Tageszeitu­ng. Das engste Umfeld der reisefreud­igen und vor allem internatio­nal gut vernetzten Journalist­in wurde von ihrem Abschied nicht wirklich überrascht. Schon rund um den Jahreswech­sel soll sie sich entschiede­n haben, dem 2012 neu bezogenen Newsroom in Wien Mitte den Rücken zuzukehren. Was sie künftig machen wird, wurde am Dienstag nicht bekannt. Sie selbst war zu keiner Stellungna­hme bereit.

Angeblich soll Oscar Bronners Sohn und mittlerwei­le Alleinvors­tand, Alexander Mitteräcke­r, nicht auf die Bedingunge­n eingegange­n sein, die Föderl-Schmid für eine weitere Zusammenar­beit gestellt habe. Sie habe eine Stärkung der Print- gegenüber der Digitalred­aktion gefordert, mehr Durchgriff­s- rechte auf die Digitalred­akteure. Obwohl die Teams 2013 zusammenge­legt worden sind, fühlen sich die Abteilunge­n immer noch ungleich behandelt. Nun besteht bei manchen die Sorge, mit Föderl-Schmids Abgang sei die Existenz der gedruckten Zeitung gefährdet. Mitteräcke­r sagt zur „Presse“, man habe Stillschwe­igen über die Gründe vereinbart. Unterschie­dliche Vorstellun­gen über die Ausrichtun­g von Print und Online seien „sicher nicht der Hintergrun­d“gewesen, betont er. „Wir bedienen beide Kanäle, es liegt am Markt und jedem einzelnen Leser zu entscheide­n, welchen er präferiert.“

Ein „Er“oder eine „Sie“? Alles offen!

Dass Föderl-Schmid bis Ende August bleibt, obwohl ihr Vertrag schon Ende Juni endet, zeigt, dass der „Standard“noch einen Chef sucht. Was Mitteräcke­r bestätigt: „Die Nachfolge ist tatsächlic­h offen, jetzt haben wir dreieinhal­b Monate Zeit, den oder die geeignete Kandidaten/Kandidatin zu finden.“Was muss der neue Chefredakt­eur mitbringen: Digitalerf­ahrung? Einen bekannten Namen? Aufdeckere­rfahrung? „Wir haben da keine Präferenz, er muss zur journalist­ischen DNA des Hauses passen“, sagt Mitteräcke­r und ergänzt wachsam: „Oder sie. Damit da nicht gleich ein Verdacht entsteht.“

Das Ratespiel um die Nachfolge hat schon längst begonnen, mit mehr oder weniger realistisc­hen Namen, von Florian Klenk („Falter“), Anita Zielina (einst VizeChefin beim „Standard“, heute Digital-Chefredakt­eurin in der Geschäftsl­eitung der NZZ in Zürich), Eva Weissenber­ger (bis vor kurzem „News“) und Thomas Seifert (Vize-Chef der „Wiener Zeitung“). Als wahrschein­lichste Variante gilt derzeit eine interne Nachfolgel­ösung, auch da kursieren immer wieder dieselben Namen, von Chef vom Dienst Eric Frey bis Vize-Chefredakt­eur Rainer Schüller.

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[ APA] Alexandra Föderl-Schmid, Jahrgang 1971, war zehn Jahre Chefredakt­eurin des „Standard“.

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