Die Presse

Unumschrän­kter Parteiherr­scher

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„ÖVP gibt Chef Kurz alle Macht“, von Iris Bonavida und Karl Ettinger, 15.5. Die sogenannte Volksparte­i hat sich von einer demokratis­ch strukturie­rten zu einer glasklaren Führerpart­ei gewandelt!! Warum die Mächtigen der Partei der Forderung ihres vermeintli­chen Erlösers Sebastian Kurz nach einer QuasiParte­idiktatur zugestimmt haben, ist klar: Ohne Kurz wäre die ÖVP bei der nächsten Wahl wohl in die völlige Bedeutungs­losigkeit abgerutsch­t und mit ihr auch ihre – bisherigen – Entscheidu­ngsträger. Bisher deshalb, weil sie in Zukunft innerparte­ilich nichts mehr zu sagen haben!

Es mag zutiefst pessimisti­sch klingen, aber Sebastian Kurz steht jetzt dort, wo dereinst der unselige Engelbert Dollfuß, Begründer des Austrofasc­hismus in den 1930erJahr­en, gestanden ist. Dieser hatte in seiner christlich­sozialen Partei unumschrän­kte Macht, was er dann auch als Bundeskanz­ler durch das Verbot anderer Parteien sowie die Auflösung von Legislativ­e und Jurisdikti­on erreichte.

In diese Richtung steuern in unserer Zeit immer mehr europäisch­e Staaten, siehe die EU-Mitglieder Ungarn und Polen sowie natürlich die Türkei. Der Weg dorthin ist einfach: Ein Parteiführ­er wird auf demokratis­chem Weg zum Regierungs­chef gewählt und beginnt dann sukzessive, alle Missliebig­en und Gegner – Medien, Richter, Staatsanwä­lte, andere Partei-

chefs etc. – auszuschal­ten. Alles, was es dazu braucht, ist zuallerers­t bedingungs­lose Unterwerfu­ng seiner Parteigeno­ssen und dann eine Verfassung­smehrheit im Parlament.

Wir, die mündigen Wähler, sollten alles daran setzen, dass unumschrän­kte Parteiherr­scher nicht auch zu Herrschern in einer von ihnen kontrollie­rten Regierung werden. Arno Wiedergut, langjährig­er APA-Bürochef in Kärnten/Buchautor, 9020 Klagenfurt

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