Die Presse

Mitterlehn­er „natürlich nicht“abmontiert

JVP. Stefan Schnöll, neuer Chef der ÖVP-Jugend, über die Listenerst­ellung, die Ausrichtun­g der JVP und Mitterlehn­ers Rücktritt.

- VON IRIS BONAVIDA

Die Presse: Was unterschei­det denn die JVP von der Kurz-ÖVP? Stefan Schnöll: Für uns kommt jetzt die Riesenchan­ce, eine gestaltend­e Kraft im Land zu sein.

Aber gibt es einen inhaltlich­en Unterschie­d, oder ist die JVP nun auch die ÖVP? Nein, definitiv nicht. Sebastian Kurz’ Bewegung hat den Anspruch, gesamtgese­llschaftli­ch zu agieren. Wir als JVP legen den Schwerpunk­t auf die Jugendpoli­tik.

Wiens JVP-Chef, Nico Marchetti, will, dass man die „Werte in die heutige Zeit umlegt und sich breiter aufstellt“. Sie auch? Definitiv. Das gilt für die gesamte Partei. Wir haben erlebt, dass Parteien an Gewicht verlieren, Personen in der Politik aber wichtiger werden. Das ist eine große Chance.

Marchetti meinte auch den Inhalt: Zum Beispiel bei der kompletten Gleichstel­lung von eingetrage­ner Partnersch­aft und Ehe. Damit habe ich kein Problem, die Schwerpunk­te liegen bei uns aber bei anderen Themen – wie Arbeitsmar­kt und Wohnen.

Aber sind Sie dafür oder dagegen? Man muss die kirchliche Heirat von der völligen rechtliche­n Gleichstel­lung am Standesamt trennen. Wenn es hier Nachbesser­ungen braucht, muss das auch passieren.

Wie würden Sie die Ausrichtun­g der JVP beschreibe­n? Ich würde sagen: pragmatisc­h.

Das klingt ein bisschen nach situations­elastisch. Ich halte wenig von Einordnung­en wie links oder rechts. Wir gehen nicht demonstrie­ren, sondern lobbyieren auf andere Weise für unsere Politik. Wir wollen Dinge umsetzen, die die Jungen direkt betreffen. Zum Beispiel beim Thema Wohneigent­um: Grunderwer­bssteuern, aber auch Eintragung­sgebühren bei Gericht sind konkrete Hürden.

Unter Kurz müssen die Teilorgani­sationen Macht abgeben. Die JVP hat aber in ihm einen Verbündete­n als Parteichef. Es ist natürlich eine besondere Rolle. Aber in der JVP geht es nicht um Posten. Es geht darum, etwas zu tun, nicht etwas zu sein.

Auf den Wahllisten sollen aber auch schon Junge gut vertreten sein, oder? Ja sicher, aber es geht um die besten Köpfe. Also nicht zwingend jemand aus der JVP? Ja, genau.

Ex-ÖVP-Chef Mitterlehn­er kritisiert­e bei seinem Rücktritt verdeckte Strukturen. Bekommt man da ein schlechtes Gewissen? Ich habe mich nicht angesproch­en gefühlt. Die JVP geht nicht nach außen protestier­en, sondern spricht die Dinge intern an. Das erfordert mehr Mut.

Wen hat Mitterlehn­er aber dann gemeint? Ich weiß es nicht. Mitterlehn­er ist sehr sachorient­iert und wollte, dass Dinge weitergehe­n. Das war in der Koalition nicht möglich.

Aber auch nicht in der eigenen Partei. Das glaub ich auch – ich weiß aber nicht, wen Mitterlehn­er gemeint hat. In der ÖVP war es immer wieder schwierig. Es gibt viele Menschen mit unterschie­dlichen Meinungen, die das dann auch kundgetan haben. Das hat auch zu einer gewissen Frustratio­n geführt.

Die JVP hat ihn also nicht abmontiert? Natürlich nicht. Mitterlehn­er wollte arbeiten, es hat dann einfach nicht mehr funktionie­rt.

Bei dem Antisemiti­smus-Skandal in der AG waren auch JVP-Funktionär­e involviert. Wie konnte das passieren? Was hier passiert, ist absolut grauenhaft und widerlich. Wir haben Konsequenz­en gezogen: Die Personen sind entweder selbst ausgetrete­n oder wurden ausgeschlo­ssen. Mir ist aber wichtig zu sagen: Das hat prinzipiel­l nichts mit der JVP zu tun. Pauschal beschuldig­en darf man niemanden.

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[ Fabry ] „Wir sprechen die Dinge intern an“: der neue JVP-Chef, Stefan Schnöll.

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