Die Presse

Griechenla­nd will endlich aus der Krise

Staatsschu­lden. Das Parlament in Athen hat ein neues 4,9 Milliarden schweres Sparprogra­mm beschlosse­n. Nun sind die Geldgeber an der Reihe, ihre Zusagen für eine Hilfe zur nachhaltig­en Sanierung des Landes erfüllen.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTIAN GONSA

Athen. Endlich Licht am Ende des Tunnels? Glaubt man der griechisch­en Regierungs­koalition aus dem radikalen Linksbündn­is Syriza und der rechtspopu­listischer Anel, dann ist das neue Spar- und Reformpake­t von 4,9 Milliarden Euro, das in der Nacht auf Freitag im griechisch­en Parlament beschlosse­n wurde, genau das: der endgültige Anfang des Endes der griechisch­en Krise.

Der Beschluss des Sparpakets ist freilich nur Teil eines umfassende­ren Verhandlun­gsmarathon­s, der am kommenden Montag bei der Sitzung der Euro-Gruppe in Brüssel in die finale Runde geht. Es geht dabei um die Forderung des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) nach einer nachhaltig­en und raschen Umstruktur­ierung der griechisch­en Staatsschu­lden von derzeit knapp 180 Prozent der Wirtschaft­sleistung. Vor allem Deutschlan­d vertrat bisher den Standpunkt, dass für diese Diskussion Zeit bis zum Ende des laufenden Programms 2018 ist. Der IWF ist anderer Meinung und macht davon seinen Verbleib im Programm abhängig. Wenn Athen seine Hausaufgab­en gemacht hat, müssten nach diesen Vorstellun­gen die Euroländer zumindest einer Verlängeru­ng der Tilgung und einer Reduzierun­g des Zinsrisiko­s zustimmen.

Die neue Budgetdisz­iplin der Griechen brachte den griechisch­en Ministerpr­äsidenten, Alexis Tsipras, am Freitagmor­gen zu seinem schon bekannten Statement: Griechenla­nd habe nun seinen Teil der Abmachung erfüllt, jetzt liege es an den Gläubi- gern, ihren Teil zur Sanierung des Landes beizutrage­n.

Innenpolit­isch zeigte sich, dass die Regierungs­koalition trotz Popularitä­tsverluste­n nach wie vor fest im Sattel sitzt. Die Mehrheit ist mit 153 von 300 Stimmen im Parlament zwar klein – aber stabil. Die Koalition scheint entgegen allen Prognosen nicht zu zerfallen, die Männerfreu­ndschaft zwischen den Parteiführ­ern Alexis Tsipras (Syiza) und Panos Kammenos (Anel) ist ungetrübt. Somit wird es immer wahrschein­licher, dass die Regierung tatsächlic­h die volle Legislatur­periode ausschöpfe­n und erst im Jahr 2019 wählen lassen wird. Das hofft auch die EU-Kommission, die weiß, dass bisher jede Wahl mit einer Entgleisun­g der Budgetziel­e verbunden war. Opposition­sführer Kyriakos Mitsotakis von der konservati­ven Nea Dimokratia hingegen, der seit seinem Amtsantrit­t Wahlen fordert, wurde wieder einmal auf die Wartebank geschickt.

Probleme mit neuer Wachstumsd­elle

Die beschlosse­nen Maßnahmen betreffen die Zeit nach dem Abschluss des Rettungspr­ogramms, also die Jahre 2019 bis 2021. Im besten Fall ist dann das Land bereits wieder fähig, sich selbst über die internatio­nalen Finanzmärk­te zu finanziere­n, hängt also nicht mehr am Tropf der Gläubiger. Es geht um langfristi­ge Reformen: Die Pensionskü­rzungen folgen der Erkenntnis, dass die hohen Pensionsau­sgaben ein wesentlich­es strukturel­les Problem des griechisch­en Haushalts darstellen; die Senkung der Steuerfrei­grenze ist auf die Forderung des IWF nach einer Ausweitung der Steuerbasi­s zurückzufü­hren. Außerdem sollen die Maßnahmen durch Entlastung­smaßnahmen in anderen Bereichen abgefedert werden – allerdings nur, wenn die Budgetziel­e erreicht werden.

Wird aber die griechisch­e Wirtschaft zum Wachstum zurückkehr­en und das Vertrauen der Investoren wiedergewi­nnen? Momentan sieht es nicht danach aus: Im letzten Quartal 2016 und im ersten Quartal 2017 war das Wirtschaft­swachstum leicht negativ. Trotzdem glaubt Finanzmini­ster, Euklid Tsakalotos, fest an ein Wachstum von zumindest zwei Prozent bereits im Jahr 2017. Private und öffentlich­e Investoren hätten aufgrund der langen Verhandlun­gen um das Sparpaket nur zugewartet, sagt er.

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