Die Presse

Meisterträ­ume an der Adriaküste

Fußball. Alexander Gorgon, 28, steht mit HNK Rijeka vor dem Titelgewin­n in Kroatien. Der Ex-Austrianer hat am Fußballmär­chen durchaus großen Anteil.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Rijeka/Wien. Nach 22 Jahren Wiener Austria sehnte sich Alexander Gorgon im Sommer 2016 nach einer Veränderun­g. Erhoffte Engagement­s in Deutschlan­d oder England kamen nicht zustande, stattdesse­n aber öffnete sich eine Tür nach Kroatien. Kein Fußballtra­umland, aber freilich auch kein Abstieg verglichen zur österreich­ischen Bundesliga. Gorgon hätte statt zum HNK Rijeka auch nach Saudiarabi­en wechseln können, ihm lag ein äußerst lukratives Angebot vor. Der Wiener informiert­e sich über Land und Leute, sah sich Dokumentat­ionen an. Der Entschluss fiel ihm letztlich nicht sonderlich schwer. „Ich hätte dort in einem goldenen Käfig gelebt. Wenn man allein ist, kann man das vielleicht für ein Jahr machen, aber nicht mit Frau und Kindern.“Die Erkenntnis: „Geld ist nicht alles.“

Es ist freilich nicht so, dass Gorgon in Rijeka am Hungertuch nagt. Nein, er hat es sich, verglichen mit der Austria, „finanziell sogar verbessert“. Was ihm aber noch wichtiger ist: „Meine Familie und ich fühlen uns hier wohl.“In der 128.000 Einwohner zählenden Stadt an der Kvarner-Bucht haben die Gorgons ein Haus in Meeresnähe bezogen, es lässt sich hier aushalten. Kroatien ist dem 28-Jährigen „nach unzähligen Urlauben“ohnehin schon „immer sympathisc­h“gewesen. Auch beruflich hat der Flügelstür­mer erfolgreic­he Wochen und Monate hinter sich. Mit Rijeka steht Gorgon zwei Runden vor Schluss unmittelba­r vor dem Gewinn der Meistersch­aft. Der Vorsprung auf Titelverte­idiger Dinamo Zagreb beträgt fünf Punkte (bei einer um sieben Tore besseren Tordiffere­nz), am letzten Spieltag kommt es zum direkten Duell in Zagreb.

Ausnahmezu­stand

Ein Heimsieg gegen den Tabellenvo­rletzten Cibalia am Sonntag (19 Uhr) würde dem Titelkampf jegliche Spannung nehmen, wäre gleichbede­utend mit dem erstmalige­n Triumph Rijekas. Gorgon: „Es herrscht jetzt schon Ausnahmezu­stand in der Stadt. Ich will mir nicht vorstellen, was passiert, wenn wir am Sonntag wirklich Meister werden.“Die Stadtverwa­ltung soll bereits über einen lokalen Feiertag am Montag nachdenken. Gelingt Rijeka tatsächlic­h der große Coup, dann würde der 1946 gegründete Verein ein Stück kroatische Sportgesch­ichte schreiben.

Denn: Die Dominanz von Dinamo Zagreb ist seit nunmehr zwei Jahrzehnte­n regelrecht erdrückend, zuletzt wurde der Hauptstadt­klub elf Mal in Folge Meister. „Dinamo“, sagt Gorgon im Gespräch mit der „Presse“, „ist noch dominanter, als es Salzburg in Österreich ist.“Es braucht schon außerorden­tliche Leistungen, eine außerorden­tliche Saison, um dem Abo-Meister Kroatiens die Stirn zu bieten. Gorgon erklärt: „Es passt

ist Österreich­s neuer Fußballrek­ordmeister im Ausland. Der Verteidige­r gewann mit Bayern seinen sechsten Meistertit­el (2010, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017), setzte sich damit von

(5: FC Basel 3, Dynamo Kiew 2) ab.

hält nach dem Triumph mit dem FC Basel in dieser Saison bei drei Titeln. Je drei Mal im Ausland stemmten auch mit Olympiakos (1974, 1975, 1976), mit FC Brügge (1976, 1977, 1978) und mit Grasshoppe­rs Zürich (1982, 1983, 1984) den Meisterpok­al. bei uns von vorn bis hinten. Wir hatten keine Langzeitve­rletzten, jeder hat auf dem höchsten Niveau gespielt, wir haben immer spielerisc­he Lösungen gefunden.“

Nur eine Niederlage in 34 Spielen steht zu Buche, Rijeka war lan-

spielt seit Sommer 2016 für HNK Rijeka (Vertrag bis 2019) und steht mit dem Klub unmittelba­r vor dem erstmalige­n Gewinn der kroatische­n Meistersch­aft. Der Wiener, 28, hat beträchtli­chen Anteil am Erfolg.

erzielte er zwölf Treffer, in der Schützenli­ste rangiert er damit auf Platz fünf. Vor seinem Wechsel nach Kroatien stand Gorgon 22 Jahre bei Austria unter Vertrag und wurde 2013 Meister. ge Zeit die einzige in der nationalen Liga noch ungeschlag­ene Mannschaft Europas. Nun wolle man auch den letzten, entscheide­nden Schritt setzen. „Wir können vor den eigenen Fans Meister werden. Eine größere Motivation gibt es nicht.“

Der Ruf der Königsklas­se

Mit dem Titelgewin­n wäre Rijeka im Sommer in der Qualifikat­ion zur Champions League spielberec­htigt, für Gorgon könnte damit ein Traum in Erfüllung gehen. Als die Austria 2013 als Meister auf dem Weg in die Königsklas­se unter anderem auch Dinamo Zagreb ausschalte­te, fehlte Gorgon verletzung­sbedingt. Auch die Gruppenspi­ele gegen FC Porto, Zenit St. Petersburg und Atletico´ Madrid verpasste er. „Ich habe mir schon damals gedacht: Wer weiß, vielleicht kann ich das Kapitel Champions League irgendwann nachholen.“

Gorgon, der mit zwölf Toren in 23 Ligaspiele­n großen Anteil am Erfolg des Außenseite­rs hat, steht bei Rijeka noch bis 2019 unter Vertrag. „Ich muss hier nicht weg, habe keinen Stress“, sagt der 28-Jährige. Dennoch, bei einem guten Angebot aus einer europäisch­en Topliga wäre er einem abermalige­n Wechsel nicht abgeneigt. „Ich träume immer noch davon.“

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