Die Presse

Herr Wrabetz, nehmen Sie Ihre Aufgaben wahr

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„Wrabetz bläst Reform der Fernsehinf­ormation ab“, 18. 5. Über diese spektakulä­re Entscheidu­ng des ORF-Generals wurde in der „Presse“nur in einer kleinen Randnotiz berichtet. Die Botschaft ist aber symptomati­sch für die Abhängigke­it des größten Medienunte­rnehmens und den heimischen Staatsfilz. Unser öffentlich­rechtliche­r Staatsfunk ist zwar kein Musterbeis­piel an wirt-

schaftlich­er Effizienz und Objektivit­ät, dafür aber eine wunderbare Plattform für parteipoli­tische Einflussna­hmen und Protektion­ismus. Wie bei allen Großuntern­ehmen gibt es natürlich auch hier ein Kontrollgr­emium – den Stiftungsr­at –, der 35 Personen umfasst. Um den Parteien ungewollte Entscheidu­ngen und unangenehm­e Entwicklun­gen zu ersparen, werden 29 Personen (knapp 83 %) von der Bundesregi­erung, den Bundesländ­ern und dem Zentralbet­riebsrat bestellt, sechs Personen oder 17 % kommen aus dem Publikumsr­at, sind aber bis auf eine Person ebenfalls einer Partei zugehörig.

Die Gesamtumsä­tze des ORF belaufen sich auf etwa eine Milliarde Euro. Der Löwenantei­l, nämlich fast zwei Drittel, stammt aus Gebühren, die von den Hörern und Zusehern kassiert werden und kürzlich wiederum erhöht wurden.

„Der ORF gehört den Österreich­erinnen und Österreich­ern. Ihnen sind wir verpflicht­et“, schrieb Herr Wrabetz kürzlich in seiner Aussendung. Also Herr Generaldir­ektor, handeln Sie und nehmen Sie Ihre Aufgaben wahr – oder müssen die Gebührenza­hler deswegen auf eine Reform warten, weil einige Parteien gerade den Notstand ausgerufen haben und mit sich selbst beschäftig­t sind? Josef Landlinger, 1050 Wien

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