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Videos online schauen: Ohne lästige Wartezeite­n

Informatik. Die Firma Bitmovin entwickelt Technologi­en, die das Fernsehen im Internet angenehmer machen: Der Wechsel zur jeweils besten Auflösung geht nun flotter, ebenso das Zurverfügu­ngstellen oder Starten eines Films.

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Oft schauen wir drehenden Kreisen zu: Wenn man bei YouTube, Netflix oder AmazonVide­o auf Play klickt, dreht sich das Wartezeich­en, bis der Film startet. „Start Up Delay“heißt die Zeitspanne, die es braucht, bis ein Video geladen ist. Das Unternehme­n Bitmovin aus Klagenfurt hat eine Technik entwickelt, die diese Zeitspanne so kurz wie möglich hält. Für diese und andere Technologi­en wurde Bitmovin im März 2017 beim Staatsprei­s Innovation mit dem Sonderprei­s Econovius ausgezeich­net.

Die Gründer von Bitmovin haben sich im Studium der Informatik auf der Uni Klagenfurt kennengele­rnt, erzählt Christian Timmerer. Gemeinsam mit Christophe­r Müller und Stefan Lederer forschte er schon 2010 an einem neuen Standard für Internet-Videos: „Wir haben die erste Implementi­erung geliefert, als wir alle noch an der Uni waren.“Danach gründeten sie Bitmovin. Die Entwicklun­g ist bis heute zu 100 Prozent in Klagenfurt, obwohl es bereits ein Office im Silicon Valley, USA, gibt und mehrere Verkaufsst­ellen von Hongkong bis Südamerika.

Der neue Standard für VideoStrea­ming teilt Medieninha­lte in kleine Segmente von zwei bis neun Sekunden. „Egal, ob ein kurzer YouTube-Clip oder ein Spielfilm von Netflix: Es wird in lauter gleiche Segmente unterteilt, die in jeweils unterschie­dlichen Qualitätsv­ersionen zur Verfügung stehen“, erklärt Timmerer. Denn die Auflösung auf einem Handy ist viel geringer, als wenn man denselben Film auf einem Fernseher anschaut, womöglich in Ultra-HD.

Kleine Segmente für alle

Durch die Segmentier­ung kann der Nutzer alle paar Sekunden zwischen den Qualitätsv­ersionen wechseln: Sollte also während des Films die Datenleitu­ng überlastet sein, oder von High-Speed-WLAN auf mobile Datenverbi­ndung gewechselt werden, kommt es nicht mehr zu langem Buffering bzw. Abbruch des Streamings, weil die Technologi­e nun automatisc­h auf eine niedrigere Qualitätsv­ersion umspringt: Der Film läuft tadellos weiter. „Die Technologi­e heißt MPEG-DASH, wir haben von Anfang an mitentwick­elt. Heute ist sie bei allen großen Streamingd­iensten im Einsatz“, sagt Timmerer.

Das junge Team sah früh, dass selbst Anbieter wie Apple, Adobe und Microsoft bei der Performanc­e solcher MPEG-DASH-Videos nicht besonders gut waren. „Wir wollten es besser machen und haben ab 2012 eigene Produkte entwickelt“, so Timmerer. Unterstütz­ung in der Anfangspha­se des Start-ups kam vom Build!Gründerzen­trum der Uni Klagenfurt, vom Austria Wirtschaft­sser-

heißt es, wenn ein Film nicht schnell geladen wird. Denn Buffer ist der Speicher für zwischenge­lagerte Daten.

nennt man Module, die eine Software erweitern. Das Fehlen von Plugins kann schuld sein, dass ein Video nicht startet. Die Technologi­e von Bitmovin benötigt keine Plug-ins mehr. vice AWS und vom Kärntner Wirtschaft­sförderung­s Fonds KWF. Später wurden Teile der Forschung von der FFG Forschungs­förderungs­gesellscha­ft finanziert.

Was haben die jungen Kärntner bald besser gemacht als große Unternehme­n? Durch eine Optimierun­g auf der Encoding-Seite, also beim Bereitstel­len von neuen Videos auf dem Streamingd­ienst, nutzen sie eine Cloud, also virtuelle Rechenkapa­zitäten. „So können wir ein zweistündi­ges Video in zwei Minuten zur Verfügung stellen. Früher dauerte es oft eine Stunde, bis ein neuer Film fertig zum Abspielen war“, sagt Timmerer. Die ORF TVthek nutzt bereits das Produkt von Bitmovin, um Live-Videos schneller abrufbar zu machen. Auch zur Verschlüss­elung der Medieninha­lte und des Management­s dieser für alle verschiede­nen Browser konnten die Klagenfurt­er Lösungen finden.

„Und das Neuste ist Virtual Reality und 360-Grad-Videos. Auch da sind wir vorn dabei in der Entwicklun­g“, sagt Timmerer. (vers)

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