Die Presse

Steuern zahlen: Zwang verkürzt das Überlegen

Hohe Steuerehrl­ichkeit an Probanden gezeigt.

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Warum zahlen wir Steuern: weil wir müssen, oder weil wir wollen? Das erforschen Wirtschaft­spsycholog­en der Uni Wien seit einigen Jahren. Sie zeigten bereits, dass Probanden bei fiktiven Steuererkl­ärungen, in denen es um die echte Entlohnung für ihren Zeitaufwan­d ging, bei der Angabe ihrer Einkommens­daten meist sehr ehrlich sind. Dies kann erzwungen sein, wenn die fiktive Steuerbehö­rde mit strengen Kontrollen und hohen Strafen beschriebe­n wird. Oder es kann freiwillig geschehen, wenn die Steuerbehö­rde große Expertise aufweist, der Steuerzahl­er gut informiert wird und erkennt, dass etwa Mitarbeite­r regelmäßig geschult werden. Die zweite Variante heißt fachtechni­sch „legitime Macht“, sie stellt das Gemeinwohl der Gesellscha­ft in den Vordergrun­d.

Im aktuellen Versuch konnten Probanden entweder an eine Behörde mit hohen Kontrollen und Strafen ihre Steuern abliefern oder an eine vertrauens­würdige Behörde mit hoher Expertise. Beides führte zu hoher Steuerehrl­ichkeit, bei Ersterem jedoch, weil die Probanden zahlen mussten, bei Zweiterer, weil sie es freiwillig wollten.

EEG zeigt die Gehirnströ­me

Dann setzten die Wissenscha­ftler den Versuchste­ilnehmern EEG-Hauben auf, die die Hirnströme sichtbar machten. Nun kam die Überraschu­ng: Wer unter Zwang Steuern zahlt, denkt kaum darüber nach und entscheide­t sich schnell. Wer an eine Steuerbehö­rde mit hoher Expertise und vertrauens­würdigem Auftreten zahlt, der überlegt länger bei der Steuererkl­ärung. Anscheinen­d führt die sympathisc­here Variante zu einem internen Konflikt zwischen Selbstinte­resse (Steuern einbehalte­n) und dem Gemeinwohl der Gesellscha­ft, während das Zahlen unter Androhung von Strafe im Gehirn schneller verarbeite­t wird. (APA/vers)

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