Kulissenschieber im Nationaltheater
Am Ende seines vorletzten Schuljahres hielt er vor den versammelten Mitschülern eine flammende Rede gegen die Russen. „Die Schüler haben daraufhin alle russischen Fahnen heruntergerissen und in die Donau geschmissen“, erinnert sich Gyula. Er selbst hatte freilich Besseres vor, als bei der von ihm angezettelten Aktion mitzumachen: Er war mit seiner Freundin verabredet. Am nächsten Tag wurde er dennoch von der Geheimpolizei abgeholt. „Sie haben mich zwei, drei Tage verhört, aber der Text meiner Rede war gut versteckt, sie hatten keine Beweise.“So blieb er ungeschoren, während die Hauptakteure der Revolte mit drei Jahren Gefängnis bestraft und von allen Gymnasien verwiesen wurden. Das war die Realität dessen, was man im Westen als „Gulaschkommunismus“zu verharmlosen pflegt.
Nach der Schule verdingte sich Gyula als Kulissenschieber im Nationaltheater in Pecs. Er hatte schon bald selbst für eine Familie zu sorgen; mit 21 heiratete er zum ersten Mal, sein Sohn und seine Tochter wurden geboren. Sein Schwiegervater war ein regimetreuer Staatsanwalt in Esztergom. „Er hat noch bis 1987 Todesurteile unterzeichnet.“1975 musste der unbotsame Schwiegersohn seinen zweijährigen Militärdienst antreten – und landete im Gefängnis; es war herausgekommen, dass er aus amourösen Gründen allabendlich aus der Kaserne desertierte. Als all das glücklich überstanden war, studierte er Maschinenbautechnik, fand Arbeit in einer großen Chemiefabrik, schloss eine zweite Ehe – und empfand das gesellschaftliche Klima zunehmend als unerträglich. Immer wie-