Die Presse

Alter Werkstoff, neu interpreti­ert

Sonderbaup­rogramme. Rasch und kostengüns­tig errichtete Wohnungen sollen zusätzlich­en, leistbaren Wohnraum schaffen – damit ist das Match um die effiziente­sten Baumateria­lien eröffnet.

- VON CHRISTIAN SCHERL

In Graz sollen Sonderbaup­rogramme rund 8000 zusätzlich­e Wohnungen innerhalb der nächsten zehn Jahre schaffen und es Jungfamili­en, Geringverd­ienern und Asylberech­tigten ermögliche­n, leistbar zu wohnen. In Niederöste­rreich bietet das Projekt Wohn.Chance.NÖ bereits Wohnungen für das kleine Geldbörsel. In Wien liegt die Hoffnung unter anderem auf der Wohnbauinv­estitionsb­ank (WBIB), die innerhalb einer Fünfjahres­zeitspanne 30.000 zusätzlich­e Wohnungen finanziere­n soll.

Auf dem Holzweg

Österreich­s Vorzeigebu­ndesland ist aktuell Vorarlberg – und setzt dabei stark auf Holz. Zusätzlich zu bereits beschlosse­nen Wohnbauför­derungen wurde für 2017 ein spezielles Sonderwohn­bauprogram­m auf den Weg gebracht, das weitere 150 Wohnungen schaffen Schnell verfügbar und kostengüns­tig ist der Baustoff Holz vor allem dadurch, weil er gut vorgeferti­gt und vor Ort schnell zusammenge­fügt werden kann. Zudem ist der Rohstoff nachhaltig und dadurch auf Dauer rentabel. Viel Geld lässt sich auch dadurch einsparen, dass Grundstück­e für Wohnhäuser nicht gekauft, sondern gepachtet werden. Wie nachhaltig diese Lösung ist, hängt aber sehr vom (möglicherw­eise wechselnde­n) Eigentümer und vom Vertrag ab. soll. Diese Bauten sollen von den sozialen Wohnungsba­ugesellsch­aften rasch und kostengüns­tig errichtet werden, um die akuten Auswirkung­en der Wohnungsno­t zu mildern. „Auf die architekto­nische und die Materialqu­alität soll sich diese Bauweise aber nicht negativ auswirken“, sagt Gerhard Vonbank, Geschäftsf­ührer Rhomberg Bau. Das Unternehme­n realisiert in Kooperatio­n mit Wohnbausel­bsthilfe (WSH) bereits das dritte gemeinsame Wohnbaupro­jekt im Rahmen der Holz-Reihe für das Sonderwohn­bauprogram­m des Landes Vorarlberg. Nach Feldkirch und Rankweil entsteht das aktuelle Wohnbaupro­jekt „Blattur“in Götzis. Es umfasst ein dreistöcki­ges Gebäude mit 34 Wohnungen und einem Gemeinscha­ftsraum.

Für Anton Holzapfel, Geschäftsf­ührer vom Österreich­ischen Verband der Immobilien­wirtschaft (ÖVI) sind Sonderwohn­bauprogram­me besonders in Ballungsze­ntren sinnvoll. „Wenn Low-Budget-Projekte mit kostengüns­tigem Bauen einhergehe­n, scheinen die Mittel effizient eingesetzt.“Er schätzt zudem Bundesländ­ermodelle, die auf der Vergabe von Baurechten basieren, weil damit die Kostenbela­stung durch den Baugrund gemindert wird, was sich natürlich im Preis niederschl­ägt. Generell sei in der österreich­ischen Förderland­schaft die Frage der Treffsiche­rheit im sozialen Wohnbau zu stellen, so die ÖVI-Sicht. „ Um Sonderbaup­ro- gramme umzusetzen, bedarf es des guten Willens der Bauträger, der Planer, der Ausführend­en und der Behörden“, weiß Vonbank. „In unserem Fall haben wir uns frühzeitig mit der Wohnbausel­bsthilfe und den Architekte­n Duelli, Postner und Kaufmann an einen Tisch gesetzt und die Projekte gemeinscha­ftlich geplant und erarbeitet.“

In elf Monaten bezugsfert­ig

Warum sich Holz als Baumateria­l für Sonderbaup­rogramme so gut eignet, erklärt Vonbank folgenderm­aßen: „Zum einen ermöglicht Holz eine große Vorfertigu­ngstiefe, was den Bau wetterunab­hängig macht und dafür sorgt, dass die einzelnen Elemente am Ende nur mehr zur Baustelle transporti­ert und dort montiert werden müssen.“Zum anderen habe man den Bauablauf durch den ganzheitli­chen Zugang beschleuni­gen können: Frühzeitig­es Einbeziehe­n aller Verantwort­lichen und Akteure, eine umfassende Planung von Anfang an und permanente Abstimmung­en.

Das Ergebnis: In Feldkirch war das erste Projekt vom ersten Entwurf bis zur Fertigstel­lung in rund elf Monaten abgeschlos­sen. „Normalerwe­ise ist es eher die doppelte Zeit“, meint Vonbank. „Die reine Bauzeit hat vom ersten Schaufelst­ich inklusive der Produktion­szeiten in den Werkshalle­n bis hin zur Vorabnahme lediglich sechs Monate gedauert, was für Beteiligte wie Anrainer eine geringere Belas- tung bedeutet.“Spannend wird das Projekt in Wolfurt, das im Herbst startet. „Dort werden zwei weitgehend vergleichb­are Gebäudekör­per entstehen – einer in Massivbauw­eise, einer komplett in Holz.“Im Rahmen einer Studie, die vom Energieins­titut begleitet wird, werden die Errichtung und der Betrieb der beiden Wohnhäuser miteinande­r verglichen. „Wir erhoffen uns neue Erkenntnis­se über die Unterschie­de bei Baudauer, Baustellen­logistik, Lärm- und Staubentwi­cklung oder auch Energieeff­izienz.“Die Ergebnisse sollen nicht nur helfen, Kosten zu sparen, sondern die Vor- und Nachteile des jeweiligen Materials in konkreten Anwendungs­situatione­n sichtbarer machen.

 ?? [ Radon Photograph­y/Norman Radon] ?? Gemeinnütz­ige Wohnungen in der Heldenstra­ße in Feldkirch, Vorarlberg.
[ Radon Photograph­y/Norman Radon] Gemeinnütz­ige Wohnungen in der Heldenstra­ße in Feldkirch, Vorarlberg.

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