Alter Werkstoff, neu interpretiert
Sonderbauprogramme. Rasch und kostengünstig errichtete Wohnungen sollen zusätzlichen, leistbaren Wohnraum schaffen – damit ist das Match um die effizientesten Baumaterialien eröffnet.
In Graz sollen Sonderbauprogramme rund 8000 zusätzliche Wohnungen innerhalb der nächsten zehn Jahre schaffen und es Jungfamilien, Geringverdienern und Asylberechtigten ermöglichen, leistbar zu wohnen. In Niederösterreich bietet das Projekt Wohn.Chance.NÖ bereits Wohnungen für das kleine Geldbörsel. In Wien liegt die Hoffnung unter anderem auf der Wohnbauinvestitionsbank (WBIB), die innerhalb einer Fünfjahreszeitspanne 30.000 zusätzliche Wohnungen finanzieren soll.
Auf dem Holzweg
Österreichs Vorzeigebundesland ist aktuell Vorarlberg – und setzt dabei stark auf Holz. Zusätzlich zu bereits beschlossenen Wohnbauförderungen wurde für 2017 ein spezielles Sonderwohnbauprogramm auf den Weg gebracht, das weitere 150 Wohnungen schaffen Schnell verfügbar und kostengünstig ist der Baustoff Holz vor allem dadurch, weil er gut vorgefertigt und vor Ort schnell zusammengefügt werden kann. Zudem ist der Rohstoff nachhaltig und dadurch auf Dauer rentabel. Viel Geld lässt sich auch dadurch einsparen, dass Grundstücke für Wohnhäuser nicht gekauft, sondern gepachtet werden. Wie nachhaltig diese Lösung ist, hängt aber sehr vom (möglicherweise wechselnden) Eigentümer und vom Vertrag ab. soll. Diese Bauten sollen von den sozialen Wohnungsbaugesellschaften rasch und kostengünstig errichtet werden, um die akuten Auswirkungen der Wohnungsnot zu mildern. „Auf die architektonische und die Materialqualität soll sich diese Bauweise aber nicht negativ auswirken“, sagt Gerhard Vonbank, Geschäftsführer Rhomberg Bau. Das Unternehmen realisiert in Kooperation mit Wohnbauselbsthilfe (WSH) bereits das dritte gemeinsame Wohnbauprojekt im Rahmen der Holz-Reihe für das Sonderwohnbauprogramm des Landes Vorarlberg. Nach Feldkirch und Rankweil entsteht das aktuelle Wohnbauprojekt „Blattur“in Götzis. Es umfasst ein dreistöckiges Gebäude mit 34 Wohnungen und einem Gemeinschaftsraum.
Für Anton Holzapfel, Geschäftsführer vom Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) sind Sonderwohnbauprogramme besonders in Ballungszentren sinnvoll. „Wenn Low-Budget-Projekte mit kostengünstigem Bauen einhergehen, scheinen die Mittel effizient eingesetzt.“Er schätzt zudem Bundesländermodelle, die auf der Vergabe von Baurechten basieren, weil damit die Kostenbelastung durch den Baugrund gemindert wird, was sich natürlich im Preis niederschlägt. Generell sei in der österreichischen Förderlandschaft die Frage der Treffsicherheit im sozialen Wohnbau zu stellen, so die ÖVI-Sicht. „ Um Sonderbaupro- gramme umzusetzen, bedarf es des guten Willens der Bauträger, der Planer, der Ausführenden und der Behörden“, weiß Vonbank. „In unserem Fall haben wir uns frühzeitig mit der Wohnbauselbsthilfe und den Architekten Duelli, Postner und Kaufmann an einen Tisch gesetzt und die Projekte gemeinschaftlich geplant und erarbeitet.“
In elf Monaten bezugsfertig
Warum sich Holz als Baumaterial für Sonderbauprogramme so gut eignet, erklärt Vonbank folgendermaßen: „Zum einen ermöglicht Holz eine große Vorfertigungstiefe, was den Bau wetterunabhängig macht und dafür sorgt, dass die einzelnen Elemente am Ende nur mehr zur Baustelle transportiert und dort montiert werden müssen.“Zum anderen habe man den Bauablauf durch den ganzheitlichen Zugang beschleunigen können: Frühzeitiges Einbeziehen aller Verantwortlichen und Akteure, eine umfassende Planung von Anfang an und permanente Abstimmungen.
Das Ergebnis: In Feldkirch war das erste Projekt vom ersten Entwurf bis zur Fertigstellung in rund elf Monaten abgeschlossen. „Normalerweise ist es eher die doppelte Zeit“, meint Vonbank. „Die reine Bauzeit hat vom ersten Schaufelstich inklusive der Produktionszeiten in den Werkshallen bis hin zur Vorabnahme lediglich sechs Monate gedauert, was für Beteiligte wie Anrainer eine geringere Belas- tung bedeutet.“Spannend wird das Projekt in Wolfurt, das im Herbst startet. „Dort werden zwei weitgehend vergleichbare Gebäudekörper entstehen – einer in Massivbauweise, einer komplett in Holz.“Im Rahmen einer Studie, die vom Energieinstitut begleitet wird, werden die Errichtung und der Betrieb der beiden Wohnhäuser miteinander verglichen. „Wir erhoffen uns neue Erkenntnisse über die Unterschiede bei Baudauer, Baustellenlogistik, Lärm- und Staubentwicklung oder auch Energieeffizienz.“Die Ergebnisse sollen nicht nur helfen, Kosten zu sparen, sondern die Vor- und Nachteile des jeweiligen Materials in konkreten Anwendungssituationen sichtbarer machen.