„Die besten Ideen entstehen beim Tratschen“
Arbeitswelten. Neue Bürokonzepte sollen mit Begegnungszonen den zwanglosen Wissenstransfer unter Mitarbeitern fördern.
Ein historisch gewachsenes Dorf und die neuesten Konzepte fürs Büro – zwischen diesen beiden Polen klaffen keineswegs Welten. Das beweist unter anderem die neue Zentrale des Seilbahnspezialisten Doppelmayr in Wolfurt, die in wenigen Wochen eröffnet wird: Mit ihren Plätzen, Gassen, Durchgängen und Terrassen erinnert sie an dörfliche Strukturen. Und dieses „Dorf“im Neubau hat einen realen Hintergrund, erzählt Herwig Spiegl, der mit seinem Büro Alleswirdgut die neue Zentrale plante. Der heutige Weltmarktführer habe klein in Wolfurt begonnen und im Laufe der Jahre Haus um Haus angemietet: „Der häufige Wechsel zwischen den Gebäuden für Besprechungen war zwar aus unternehmerischer Sicht ineffizient, aber eine von den Mitarbeitern lieb gewonnene Unterbrechung.“
Begegnungszonen gefragt
Spiegl hat diese Struktur mit viel Geschick in den aus mehreren miteinander verbundenen Elementen bestehenden neuen Bürokomplex integriert. Dabei ging es nicht allein um das Bewahren lieb gewordener Traditionen: „Wir wissen heute, dass Wissenstransfer weniger am Arbeitsplatz, sondern vor allem bei spontanen Begegnungen passiert“, sagt Spiegl. Helmut Sattler, CEO von Neudörfler, äußert sich ähnlich: „Studien zeigen, dass in der informellen Kommunikation die besten Ideen entstehen.“Der Büromöbelhersteller bietet folglich nicht nur klassische Schreibtische, sondern Systemlösungen, mit denen sich Arbeitslandschaften mit Begegnungs-, Kommunikations- und Rückzugsbereichen schaffen lassen. Eine solche Landschaft ist der augenfälligste Aspekt des „New Way of Work“. Doch dahinter steckt mehr. Das Wesentliche an den neuen Konzepten ist nämlich die Anpassung der Arbeitsräume an das Organisationsmodell des Unternehmens. Hört sich einfach an, ist es aber nicht: „Es gibt kein Standardrezept dafür“, sagt Karl Friedl, geschäftsführender Gesellschafter von Moocon. Der Strategieberater für das Zusammenwirken von Mensch, Organisation und Objekt hat bereits eine Reihe großer und kleiner Unternehmen auf dem Weg in ihre Bürozukunft begleitet. Sein Rat für ein an die Organisation und die digitale Arbeitswelt optimal angepasstes Büro lautet: „Überlege, was du tust, erst dann weißt du, was du brauchst.“Vor den Gesprächen mit Architekten sollten Organisationsentwickler klären, wie optimale Prozesse und Abläufe im Unternehmen auszusehen haben. „Man bricht die unternehmerischen Kernbereiche auf einzelne Tätigkeiten herunter. Für jede gibt es eine ideale Umgebung mit entsprechenden Rückzugsund Kommunikationsräumen“, erläutert Friedl. Im Idealfall könne der Mitarbeiter täglich selbst entscheiden, welche Arbeitsumgebung für seine jeweilige Aufgabe ideal sei. Wichtig sei es, die Beschäftigten des Unternehmens an diesen Schritten teilhaben zu lassen. Beim neuen Büro des ÖAMTC etwa erarbeiteten von den Mitarbeitern nominierte Verantwortliche auf spielerische Art und Weise die Belegungs- und Detailplanung der Büroflächen. Mithilfe eines eigens entwickelten „Planungs-Koffers“schufen sie die Grundlage der Ausschreibung für die Möbel- und Ausstattungspartner. Von diesen, darunter Neudörfler Büromöbel, war Flexibilität gefragt: „Es kommt immer wieder vor, dass wir bestehende Produkte adaptieren und auch neu konstruieren, und das oft innerhalb weniger Tage“, erzählt Geschäftsführer Helmut Sattler.
Aufwand lohnt sich
Das alles bedingt nicht immer den Verzicht auf den eigenen Schreibtisch. „Desk-Sharing ist allein abhängig von der Mobilität des Mitarbeiters“, meint Friedl: „Wenn die Anwesenheit am Schreibtisch auf unter 50 Prozent sinkt, sollte aus Effizienzgründen über Wechselarbeitsplätze nachgedacht werden.“Ob sich der höhere Aufwand für die Realisierung eines modernen Bürokonzepts lohnt? Friedl: „Personalkosten sind der mit Abstand teuerste Kostenblock. Wenn wir es schaffen, dass die geistigen Prozesse dort besser funktionieren, dass mehr Produktivität entsteht, dann rechnet sich das allemal.“