Mehr als eine Raststätte
Frequenzimmobilien. Eine neue Studie prognostiziert Tankstellen einen Umbruch. Mit dem Aufkommen der Elektromobilität werden sich die Stationen radikal verändern müssen, wenn sie überleben wollen.
Tankstellenbesitzer und -pächter gehen unruhigen Zeiten entgegen. Das ist das Fazit des neuen Frequenzimmobilien-Reports der Side Projekt Immobilienmanagement GmbH. Ursache ist der Paradigmenwechsel weg von fossilen Treibstoffen und hin zur Elektromobilität. Vorreiter dieses Paradigmenwechsels ist Norwegen, wo der Marktanteil an E-Mobilen bereits heute bei 22,8 Prozent liegt. Mit bis Ende des Jahres 23.000 prognostizierten E-Fahrzeugen auf den Straßen hinkt Österreich zwar deutlich nach, doch auch hier kommt die Entwicklung langsam in Gang.
Neue Konkurrenz
Das hat Auswirkungen auf das Tankstellengeschäft, denn parallel dazu muss die Ladeinfrastruktur aufgebaut werden. Und die findet nicht unbedingt nur im klassischen Tankstellenbereich statt. Side-Projekt verweist etwa auf das Beispiel des Energieversorgers EVN, der im Rahmen eines Ge- meinschaftsprojekts mit der NÖ Wirtschaftskultur Gastwirte unterstützt, die ihre Parkplätze mit E-Ladestationen aufrüsten wollen. In Wien preschen manche Supermärkte und Shoppingcenter vor, außerdem sollen öffentliche Parkplätze verstärkt auch von der Gemeinde mit Ladesäulen versehen werden. „Freizeiteinrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten, Parkplätze und -häuser oder Umsteigepunkte wie Bahnhöfe – sie alle könnten die Aufgabe von Tankstellen im Zeitalter der E-Mobilität überneh- men“, weiß Wolfgang Schmitzer, Geschäftsführer der Side-Immobilien-Gruppe, die dieses Segment permanent analysiert. Tankstellenbesitzern rät er aufgrund dieser Entwicklung dazu, sich rechtzeitig eine Nachnutzungsstrategie zu überlegen – oder aber mehr Zusatzangebote zu liefern: „Der Wandel vollzieht sich nicht von heute auf morgen. Aber man sollte sich mit den Veränderungen befassen und etwa das Convenience-Geschäft ausbauen und die Aufenthaltsqualität auf Tankstellen ver- bessern.“Denn tatsächlich besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen einer herkömmlichen Tankstelle und einem elektrischen Ladepunkt. Während das Tanken im ersteren Fall in ein paar Minuten erledigt ist, benötigt ein Elektromobil selbst an den stärksten Ladesäulen mindestens 20 Minuten, um wieder auf Vordermann zu sein. Und in dieser Wartezeit wollen die Kunden abgelenkt und unterhalten werden, meint der Experte.
Die besten Überlebenschancen räumt er denn auch sehr gut gelegenen Stationen ein, die einen Zusatznutzen bieten: etwa als Lebensmittelnahversorger, Waschgeschäft, Kleiderreinigung oder als Logistik-Abholstation. Wenig Sorgen müssen sich laut Analyse auch Tankstellen an den Autobahnen machen. Zum einen verfügen die meisten von ihnen längst über entsprechende gastronomische Angebote, zum anderen kommt man dort um das Tanken oder Laden sowieso nicht herum. (ebe)