Die Presse

„Es gibt kein Zielas für den IS nicht akzeptabel ist“

OSZE-Konferenz. 400 Experten tagen zum Thema Kampf gegen den Terrorismu­s in Wien.

- VON IRENE ZÖCH

Wien. Mit einer Schweigemi­nute startete die Tagung der Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa (OSZE) in der Wiener Hofburg. „Das ist wieder einmal ein Tag, der mit den schrecklic­hen Nachrichte­n eines Terroransc­hlags beginnt“, eröffnete Außenminis­ter Sebastian Kurz die Konferenz, die dem Kampf gegen Terrorismu­s und Radikalisi­erung gewidmet ist – und ganz im Zeichen des Attentats von Manchester stand.

„Dieser tragische Tag, zeigt wie wichtig es war, dieses Thema zu wählen“, erklärte der Terrorismu­sexperte Peter Neumann bei einer Pressekonf­erenz. Sebastian Kurz, zur Zeit ist der Außenminis­ter OSZE-Vorsitzend­er, machte den Anti-Terror-Kampf zum Schwerpunk­t des österreich­ischen Vorsitzes und ernannte den renommiert­en Politologe­n vom „Internatio­nal Centre for the Study of Radicalisa­tion“in London zum Terror-Sonderbeau­ftragten.

Der sogenannte Islamische Staat (IS) ist in der Defensive: Im Irak konnten bis zu 60 Prozent des Territoriu­ms von der IS-Herrschaft befreit werden und in Syrien 30 Prozent. „Aber der größte Fehler wäre zu sagen, dass wir das Problem beseitigt hätten“, meint Neumann. Es habe eine neue, zweite Phase von Terrorismu­s begonnen. „Paradoxerw­eise kann es dazu führen, dass die Zerstörung des Kalifats das Problem des Terrorismu­s in Europa größer macht.“

Seit sechs bis zwölf Monaten versuche der IS ausländisc­he Sympathisa­nten davon abzuhalten, „ins Kalifat zu reisen“. Es werde dazu aufgerufen, Anschläge in den Heimatländ­ern durchzufüh­ren. „Und der letzte Anschlag nun hat etwas damit zu tun“, sagt Neumann. Diese Entwicklun­g könne noch viele Jahre dauern.

„Keiner kann besser Terror erzeugen“

Als Anschlagsz­iele dienen immer seltener militärisc­he Einrichtun­gen, vielmehr nehmen Terroriste­n Ziele ins Visier, wo möglichst viele Unbeteilig­te zu Schaden kommen: Konzerte (wie auch in Paris im November 2015, als 90 Menschen in der Konzerthal­le Bataclan im Kugelhagel der Terroriste­n starben), Weihnachts­märkte (wie an der Berliner Gedächtnis­kirche 2016, wo elf Menschen starben, als ein Lkw in die Menge fuhr) oder Anschläge auf Fußgängerz­onen (wie 2016 in Nizza zu den Feierlichk­eiten des französisc­hen Nationalfe­iertags). „Es gibt kein Ziel, das für den IS nicht akzeptabel ist“, meint Neumann. „Keiner versteht besser, Terror zu erzeugen.“Dabei werde versucht, die Gesellscha­ft zu terrorisie­ren und zu polarisier­en.

Bereits 2014 hatte der IS dazu aufgerufen, Anschläge auf „Ungläubige“durchzufüh­ren. Die damalige Erklärung richtete sich gezielt an Einzeltäte­r, die bereit seien, Attentate oder Morde auszuführe­n. Der damalige IS-Sprecher listete verschiede­ne Möglichkei­ten auf, „Ungläubige“ohne großen logistisch­en Aufwand zu töten. „Das ist der Hintergrun­d für das, was wir jetzt sehen“, so Neumann. Dabei gehe es nicht darum, einen Anschlag auf ein bestimmtes Land durchzufüh­ren, sondern darauf, „wie wir leben“, meint Kurz.

Österreich will während seines OSZEVorsit­zes besonderes Augenmerk auf Prävention­sarbeit legen: Viel zu wenig werde gegen die Radikalisi­erung von jungen Menschen in Gefängniss­en unternomme­n. Dazu soll in Kürze ein Bericht vorgelegt werden.

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[ AFP ] Ein Outfit wie Catwoman. Ariana Grande aus Baton Rouge gilt als Teenie-Idol.

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