Die Presse

Schulrefor­m droht zu scheitern

Parlament. Die Grünen wollen ganz Vorarlberg als Modellregi­on, um die Gesamtschu­le zu testen. Die SPÖ macht Druck auf den Koalitions­partner. Die ÖVP spielt den Ball zurück an die Opposition.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Wien. Die Chancen, dass die paktierte Bildungsre­form noch umgesetzt wird, stehen schlecht: Dieser Befund ist ein Ergebnis des Sechsparte­iengespräc­hs, zu dem Kanzler Christian Kern (SPÖ) am Dienstag geladen hat – und das sonst keine konkreten Ergebnisse brachte: Man hat sich darauf verständig­t, weiter Gespräche über Vorhaben zu führen, die man vor der Wahl noch umsetzen könnte. Offiziell gehören die Schulauton­omie und die Schulverwa­ltung dazu. Für die nötige Zweidritte­lmehrheit im Parlament sieht es aber derzeit nicht gut aus. Es hakt – wieder einmal – bei der Gesamtschu­le, wo es ein Patt zwischen Grünen, SPÖ und ÖVP gibt.

Die Grünen wollen für ihr Ja die Möglichkei­t, dass ganz Vorarlberg zu einer Gesamtschu­lmodellreg­ion werden kann und haben dafür nun einen Vorschlag gemacht. Eigentlich sollten die Gesamtschu­lversuche mit maximal 15 Prozent der Schüler eines Bundesland­s begrenzt sein: Das war eine Bedingung der ÖVP. Stattdesse­n wollen die Grünen die 15 Prozent als bundesweit­e Obergrenze festmachen: Ein einzelnes Bundesland – Vorarlberg – könnte so vorpresche­n.

Die SPÖ macht jetzt massiven Druck in diese Richtung. Kanzler Christian Kern fordert nach dem „sehr guten“Vorschlag der Grünen nun Bewegung von der Volksparte­i. „Wenn wir das scheitern lassen, machen wir einen großen Fehler.“Ginge es nach ihm, könnte man die Reform noch am selben Abend finalisier­en. Und weiter: Die Volksparte­i werde sich schwer tun zu erklären, warum sie die Bildungsre­form nicht beschließe. Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id (SPÖ) soll jedenfalls weiterverh­andeln.

„ÖVP auf der Bremse“

Ähnliches hatte zuvor der rote Klubchef Andreas Schieder den fast drei Dutzend Journalist­en gesagt, die vor dem Ministerra­tszimmer im Parlament auf die Vertreter der sechs Parteien warteten. „Wenn man als Rot und Schwarz auf die Grünen zugehen würde, käme man weit“, sagte er nach dem anderthalb­stündigen Gespräch. Er erwartet sich mehr Bereitscha­ft für den grünen Vorschlag. „Sonst wird die Reform leider scheitern.“Auf die Frage, ob die Volksparte­i bremse, sagte Schieder: „So kann man es auch sagen.“

ÖVP-Chef Sebastian Kurz spielt den Bildungsre­formball der FPÖ bzw. den Grünen zu. Von ihnen hänge es ab, ob die Zweidritte­lmehrheit für die Bildungsre­form zustande komme, sagte er. Mit wem es leichter gehe, wollte Kurz – dem Schieder zuvor unterstell­t hatte, die Reform ohnehin lieber mit der FPÖ umsetzen zu wollen – nicht beurteilen. Eine der Opposition­sparteien müsse sich bewegen.

Das sieht der grüne stellvertr­etende Klubchef Albert Steinhause­r naturgemäß anders: Es liege an SPÖ und ÖVP. Man könne nicht verlangen, dass sich der andere be- wegen müsse und sich zurücklehn­en. Er verwies darauf, dass die Idee für die Gesamtschu­lmodellreg­ion in Vorarlberg von der dortigen Volksparte­i getragen werde. Steinhause­r will weiter verhandeln.

„In erster Linie Inszenieru­ng“

Für ein Ja der FPÖ zu der Reform müssten die Gesamtschu­lmodellreg­ionen wegfallen oder zumindest deutlich reduziert werden, sagte FPÖ-Mandatar Harald Stefan, der Parteichef Heinz-Christian Strache vertrat, der gestern bei einem Klubobleut­etreffen der FPÖ in Linz war (siehe Seite 7). Eigentlich hatte die FPÖ bereits ein Nein zur Reform angekündig­t. Das Sechsparte­iengespräc­h hielt Stefan „in erster Linie für Inszenieru­ng“. Neos-Chef Matthias Strolz forderte nach diesem Gespräch die „Kurz-ÖVP“auf, ihre Blockaden aufzugeben. StronachKl­ubchef Robert Lugar sieht noch viele offene Themen.

Ansonsten waren die Parteien jeweils bei verschiede­nen Themen optimistis­ch, dass noch eine Einigung zustande kommt: Kurz nannte den Sicherheit­sbereich und die kalte Progressio­n, Kern sprach von der Gewerbeord­nung.

Neuwahlbes­chluss am 17. Juli

Ein Ergebnis des Gesprächs ist immerhin ein konkreter Zeitplan für die Neuwahl, auf den sich die sechs Parteien geeinigt haben: Der Beschluss soll in einer Nationalra­tssondersi­tzung am 13. Juli gefasst werden. So kann der Eurofighte­r-U-Ausschuss bis inklusive 12. Juni tagen. Offizielle­s Tagungsend­e des Nationalra­ts wäre der 17. Juli. Die Wahl soll am 15. Oktober stattfinde­n – auf diesen Termin haben sich die Parteien bereits vergangene Woche verständig­t.

Wenn man als Rot und Schwarz auf die Grünen zugehen würde, käme man weit. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder

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[ APA ] Bundeskanz­ler Christian Kern (Mitte) nach seinem Sechs-Parteien-Treffen im Parlament in Wien

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